UN-Gipfel in Cancún: Neustart beim Klima-Monopoly

UN-Gipfel in Cancún: Neustart beim Klima-Monopoly
Gehe zurück auf Start. Gehe nicht zu schnell los. Aber bringe viel Geld mit. Nach dem Desaster von Kopenhagen gehen die Delegierten bis zum 10. Dezember im mexikanischen Cancún in eine neue Runde beim globalen Klima-Monopoly.
29.11.2010
Von Simone Humml

Das Spiel geht weiter. Auch wenn der Klimagipfel von Kopenhagen vor einem Jahr zum Großteil gescheitert ist, möchten die Vereinten Nationen auf der Arbeit der 15 vergangenen UN-Klimakonferenzen aufbauen. Dabei dreht sich fast alles ums Geld.

Beim Weltklimagipfel im mexikanischen Cancún können die Regierungen nach Meinung von UN-Klimachefin Christiana Figueres in vier Punkten handelseinig werden. Das sind: Transfer moderner Energietechnik in Entwicklungsländer, Hilfen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels, Schutz der Urwälder und schließlich ein Fonds, aus dem alles finanziert wird. Dafür sind 100 Milliarden Dollar pro Jahr ab 2020 nötig. Sehr große Differenzen sieht Figueres dagegen noch bei der Reduktion der Treibhausgase und einem Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls.

"Tea Party" in den USA verdirbt die Klimastimmung

Doch die US-Bürger wollen nicht mehr mitspielen. Sie haben ihrem Präsidenten Barack Obama und damit seinem Klimaschutz-Programm bei den Kongresswahlen Anfang November eine deutliche Abfuhr erteilt. Empor kam dagegen die rechtspopulistische Tea-Party-Bewegung, die viele Mitglieder hat, die den menschengemachten Treibhauseffekt leugnen. In Kopenhagen hat Obama noch das Ziel auf den Tisch gelegt, den US-Treibhausgasausstoß von 2005 bis 2020 um 17 Prozent zu reduzieren. Doch ohne die Unterstützung im Kongress ist das kaum mehr zu erreichen.

Und auch im Finanzbereich sehen Umweltschützer die USA aus dem UN- Prozess aussteigen. "Die USA drängen stark darauf, Finanzfragen nicht über die Klimaverhandlungen, sondern über die Weltbank abzuwickeln", befürchtet Martin Kaiser, Leiter internationale Klimapolitik von Greenpeace Deutschland. "Da stellen sie den Präsidenten, da haben sie das größte Stimmrecht im Rat. Im Grunde ist Cancún der Moment, wo die anderen Staaten eine Entscheidung treffen müssen."

Unterdessen hat China beim Klimaschutz wichtige Felder besetzt. Das Land installierte 2009 mehr Windenergieanlagen als die EU oder die USA - auch wenn es hier insgesamt noch hinter den USA auf Platz zwei liegt, vor Deutschland. Mit seiner großen Produktion von Windturbinen könnte China von einen weltweiten Klimavertrag sogar profitieren, wenn die Nachfrage nach alternativen Energien steigt. Das Land lege eine "atemberaubende Dynamik" bei Energieeffizienz und dem Ausbau alternativer Energien vor, meint Christoph Bals von der Organisation Germanwatch. Doch zugleich baue es wegen seines Energiehungers Kohle- und Kernkraft rasch aus.

EU steckt sich ehrgeizige Ziele - und will verbindliche Absprachen

Die EU sieht sich gerne als Lokomotive beim Klimaschutz und legte in Kopenhagen auch das ambitionierteste Ziel aller Teilnehmer vor: Sie möchte die Emissionen von 1990 bis 2020 um 20 Prozent reduzieren und hat das Ziel als einziger Teilnehmer sogar schon rechtlich umgesetzt. Doch möchte sie nicht alleine weiterziehen. Wenn kein Staat mitmacht, will die EU ihr Ziel nicht - wie von vielen Klimaschützern gefordert - auf 30 Prozent erhöhen.

EU-Chefunterhändler Artur Metzger-Runge drängt in Cancún vor allem erst einmal darauf, dass die in Kopenhagen unverbindlich auf den Tisch gelegten Klimaziele der einzelnen Staaten nun fest im UN- Verhandlungsprozess "verankert" werden. Zudem möchte er ein System, das die Einhaltung der Klimaversprechen transparent und kontrollierbar macht. Außerdem müssten Entscheidungen zum Urwaldschutz fallen. Die Vernichtung der Wälder trägt laut UN zu 17 Prozent zum Treibhauseffekt bei.

Die Zeit drängt. Die Erde sollte sich nach Auskunft der Wissenschaftler um nicht mehr als zwei Grad erwärmen. Wenn die Staatengemeinschaft weitere Leerrunden beim Klima-Monopoly dreht, sind nicht nur die ärmeren Staaten die Verlierer. "Mit jedem Jahr, das verloren geht, wird das Erreichen der Klimaziele teuer", steht für Stephan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung fest. Bis sie schließlich gar nicht mehr zu schaffen seien.

dpa