Streit um Hartz-IV-Sätze - und um den Mindestlohn

Streit um Hartz-IV-Sätze - und um den Mindestlohn
Debatte um die Transferleistungen: Während die Bundesregierung die vorgesehene minimale Erhöhung der Hartz-IV-Sätze als gerecht verteidigt, kommt von der Opposition scharfe Kritik an den "unsozialen" Plänen. SPD, Grüne und Linkspartei fordern zudem die flächendeckende Einführung von Mindestlöhnen.

Regierung und Opposition ringen um die Neugestaltung der Hartz-IV-Regelsätze. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) verteidigten am Mittwoch erneut die Berechnungen der Regierung für die Hilfen für Langzeitarbeitslose und ihre Kinder. "Es ist Zeit für eine Politik, die den Menschen etwas zutraut", sagte von der Leyen am Mittwoch in Berlin.

Die SPD bekräftigte dagegen, Voraussetzung für eine Zustimmung seien deutliche Nachbesserungen und eine Diskussion über gesetzliche Mindestlöhne. Um die Hartz-IV-Reform im Bundesrat durchzusetzen, braucht die Bundesregierung die Zustimmung der nicht schwarz-gelb regierten Länder.

Gegenseitige Vorwürfe

Geld sei kein Allheilmittel, sagte von der Leyen in einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Eine Sozialpolitik, die sich darauf beschränke, Abhängigkeit vom Staat auszubauen, sei zum Scheitern verurteilt. Mit dem Bildungspaket werde in die Kinder investiert, damit sie den Kreislauf von vererbter Armut durchbrechen könnten.

Die Arbeits- und Sozialministerin wies erneut Vorwürfe zurück, bei der Berechnung des neuen Regelsatzes von 364 Euro im Monat sei getrickst worden. Vielmehr habe die rot-grüne Regierung bei der Verabschiedung der Hartz-IV-Reform im Jahr 2004 "das vielleicht selbst getan", sagte von der Leyen. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht beanstandet, die Hartz-IV-Leistungen seien zum Teil ins Blaue geschätzt worden.

Auch Bundeskanzlerin Merkel verteidigte die Berechnung als transparent und nachvollziehbar. "Wenn die Sozialdemokraten hier einen Fehler finden, müssen sie ihn klar benennen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochsausgabe). Die Kanzlerin versprach zudem verstärkte Anstrengungen im Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Insbesondere für alleinerziehende Mütter und Menschen über 50 müsse mehr getan werden.

Mindestlohn gefordert

Der Hartz-IV-Regelsatz soll um fünf Euro auf 364 Euro steigen. Die nach Alter gestaffelten Regelsätze für Kinder sollen unverändert bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar in einem Urteil verlangt, die Hartz-IV-Berechnung bis Jahresende auf eine neue Grundlage zu stellen.

Unterdessen forderten alle Oppositionsparteien im Bundestag einen gesetzlichen Mindestlohn und warfen der Koalition von CDU/CSU und FDP vor, für die Berechnung der Regelsätze immer niedrigere Löhne zum Maßstab zu machen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, betonte, das Thema Mindestlohn gehöre in der Auseinandersetzung um die Hartz-IV-Regelsätze auf die Tagesordnung.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig drängte auf einen Ausbau der Ganztagsschulen und reelle Bildungsangebote für arme Kinder. Mit zehn Euro im Monat aus dem Bildungspaket könne man nur "ein paar Minuten Musikunterricht" bezahlen, sagte sie im Bundestag.

"Mittagessen nicht im Angebot"

Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast nannte die Bildungs-Chipkarte für Kinder einen "Riesenwindbeutel". Für 80 Prozent aller Kinder werde an Schulen gar kein Mittagessen angeboten, für das sie bezuschusst werden könnten, kritisierte Künast. Das Schulmaterial im Wert von 100 Euro pro Schuljahr, das in das Bildungspaket eingerechnet werde, gebe es heute schon.

Alle Oppositionsparteien forderten die Regierung auf, Rohdaten und Alternativberechnungen für den Regelsatz öffentlich zu machen. Diese würden unter Verschluss gehalten, kritisierte Künast: "Das ist keine Transparenz."

Die Linkspartei lehnt die Erhöhung um lediglich fünf Euro ab und will dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Der Bundesrat wird voraussichtlich am 17. Dezember über die Hartz-IV-Reform abstimmen. Sollte keine Mehrheit zustande kommen, muss im Vermittlungsausschuss eine Einigung gefunden werden. 

epd