Erfolgreich in der Nische: Kuchen vom Discount-Bäcker

Erfolgreich in der Nische: Kuchen vom Discount-Bäcker
Selbstbedienungs-Bäckereien haben sich einen festen Platz in den Innenstädten erobert. Vorbild sind Discount-Händler wie Aldi und Lidl. Doch die Wachstumsmöglichkeiten sind begrenzt.
03.09.2010
Von Eckart Gienke

Vor knapp zehn Jahren öffnete die erste Selbstbedienungs-Bäckerei in Deutschland ihre Türen. Keine freundliche Verkäuferin fragt den Kunden nach seinen Wünschen, sondern er sucht sich selbst Brot und Brötchen, Kuchen und Croissants aus den Auslagen zusammen, geht zur Kasse und bezahlt. Vorteil für den Kunden: Die Produkte sind um ein Drittel günstiger als in der Bäckerei ein paar Türen weiter, manchmal auch mehr.

Erfolgreiches Franchise-Modell

"Unser Vorbild ist Aldi", gibt Peter Gabler, Geschäftsführer der zweitgrößten SB-Bäckereikette Back-Factory in Hamburg, unumwunden zu. Um niedrige Preise zu erreichen, wird die Auswahl auf die gängigsten Produkte konzentriert. Back-Factory ist eine Tochtergesellschaft der Großbäckerei Harry Brot und bekommt von ihr, aber ebenso von anderen Lieferanten, halbfertige Produkte. "Das bringt uns den Kostenvorteil, nicht die Personalkosten", sagt der Geschäftsführer. Die hoch frequentierten SB-Bäckereien würden in zwei bis drei Schichten besetzt; ein Mitarbeiter sitzt an der Kasse, zwei weitere backen und füllen die Regale. So hat jede Filiale mehr als zehn Mitarbeiter; insgesamt sind es bei Back-Factory rund 1.500 in 123 Filialen.

Um schwarze Zahlen zu schreiben, muss eine SB-Bäckerei den dreifachen Umsatz einer traditionellen Bäckerei erreichen. "In unsere Filialen kommen täglich 1.000 bis 8.000 Kunden, je nach Standort", sagt Gabler. Das treibt den Durchschnittsumsatz auf rund 640.000 Euro pro Jahr. Der Marktführer Back-Werk aus Essen liegt darunter, hat aber rund doppelt so viele Filialen. Beide Konkurrenten setzen bei ihrer Expansion stark auf Franchise-Modelle und statten selbstständige Kaufleute gegen Gebühr mit Know-how und einem Netzwerk aus.

"Unser Vorteil liegt darin, dass wir nicht zu einem Brotkonzern gehören, sondern von allen Anbietern die jeweils besten Produkte auswählen können", sagt Back-Werk-Geschäftsführer Dirk Schneider. Das habe - zusammen mit dem Engagement der Franchise-Nehmer - die Marktführerschaft gebracht. Anders als die Konkurrenten expandiert Back-Werk auch ins Ausland und will auf eine "kritische Masse" von mindestens 500 Filialen kommen.

Verschärfte Konkurrenz und Preisdruck

Die Expansionsmöglichkeiten von SB-Bäckereien sind jedoch begrenzt; ihr Anteil am Umsatz mit Backwaren in Deutschland liegt bei rund zwei Prozent. Rund 2.000 Standorte, schätzt Schneider, kommen in Deutschland überhaupt in Betracht, die Hälfte davon ist besetzt. Die erste Gründungseuphorie ist verflogen; nun geht es in dem Markt langsamer voran. Back-Factory konzentriert sich darauf, die eigenen Filialen aufzuwerten und mit Kaffeemaschinen und Sitzgelegenheiten auszustatten. Damit tritt sie in Konkurrenz zu Coffee-Shops, bei weitaus günstigeren Preisen.

Bei den traditionellen Bäckereien sieht man die Entwicklung gelassen. "Das verschärft die Konkurrenz und führt zu Preisdruck", sagt Hauptgeschäftsführer Amin rpt Amin Werner vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks in Berlin. "Aber unser Hauptkonkurrent ist eher der Lebensmittel-Einzelhandel."

Denn bei Edeka oder REWE kann man schon lange frische Brötchen kaufen. Und Aldi, Lidl und Co greifen auf diesem Markt ebenfalls an. Aldi Süd will schrittweise mehr als 1.780 Filialen in Süd- und Westdeutschland mit "Backofen" ausrüsten - und wies Vorwürfe der Bäcker zurück, die Verbraucher mit irreführender Werbung zu täuschen. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks nämlich sprach vom Aufwärmen fertiger Backwaren oder höchstens von leichter Bräunung in den Automaten, die keine Öfen seien.

dpa