Bahn will hitzegeplagte Fahrgäste entschädigen

Bahn will hitzegeplagte Fahrgäste entschädigen
Wegen der Klimaanlagen-Probleme in Fernzügen bereitet die Bahn eine Wiedergutmachung für hitzegeplagte Fahrgäste vor. Betroffene Reisende sollen unbürokratisch entschädigt werden, wie der bundeseigene Konzern auf seiner Internetseite mitteilte.

Dafür würden Kunden gebeten, Kontakt zur Bahn aufzunehmen, etwa per E-Mail an hitzewelle@deutschebahn.com. Aus der Politik kam weitere Kritik am Krisenmanagement des bundeseigenen Konzerns. Am Wochenende wurden mehrere überhitzte ICE gestoppt, in einem waren Schüler kollabiert. In mehreren Fernzugwagen fielen weitere Kühlanlagen aus.

Die jüngsten Technikprobleme seien keine Einzelfälle, sagte die verbraucherpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion, Caren Lay, am Dienstag. "Die Klimatisierung von IC- und Regionalzügen lässt ohnehin sommers wie winters zu wünschen übrig." Wie bei Verspätungen müsse es auch bei massiven Beeinträchtigungen des Reisestandards Entschädigungen geben. Der Verkehrsausschuss-Vorsitzende Winfried Hermann (Grüne) sagte "Handelsblatt Online", das komplette Entschädigungssystem müsse auf den Prüfstand. Es sei es nicht zu tolerieren, dass bei den meisten Qualitätsmängeln der Bahn nur Kulanzregelungen griffen.

Eisenbahnbundesamt überprüft den ICE

Nach dem Kühltechnik-Ausfall in drei ICE-Zügen am Wochenende prüft der Konzern, warum sich die Klimaanlagen abgeschaltet haben. Dies kann der Fall sein, wenn das Kältemittel eine bestimmte Temperatur überschreitet oder der Druck im Kühlsystem zu hoch wird, wie ein Sprecher erläuterte. Das Eisenbahn-Bundesamt prüft die defekten ICE. Die Bundespolizei ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung.

Klimaanlagen funktionierten nach Richtwerten. Standardanlagen, die es in Deutschland zu kaufen gibt, sind auf die Richtwerte 26/34 eingestellt. Das heißt, die Maschine muss in der Lage sein, bei einer Außentemperatur von 34 Grad die Luft im Inneren auf 26 Grad abzukühlen. "Wenn die Außentemperatur über den Nennwert hinausgeht, kann keine volle Leistung mehr erbracht werden", sagte der Präsident des Verbandes Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe, Werner Häcker. Die Einstellung sei variabel. Klimaanlagen könnten von Anfang an auch so konzipiert werden, dass der Außenrichtwert zum Beispiel bei 45 Grad liegt.

Wer Kühlaggregate nach Abu Dhabi liefere, lege eine Anlage sicher für noch höhere Außentemperaturen aus, sagte Häcker. Beim Einsatz von Klimaanlagen sollte also von Anfang an festgelegt werden, bei welcher Außentemperatur die Geräte noch volle Leistung bringen müssen.

Bahngewerkschaften: Probleme nicht auf die Zugbegleiter abschieben

Die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA warnten davor, die Zugbegleiter verantwortlich zu machen. "Wie schon bei den Ausfällen im Winter sind die Mitarbeiter die Sündenböcke vor Ort, an denen Bahnreisende ihren Ärger auslassen, wenn die Technik in den Zügen nicht richtig funktioniert", kritisierten der GDBA-Vize Peter Tröge und Transnet-Vorstandsmitglied Reiner Bieck: "Dass den Kolleginnen und Kollegen nun auch noch fahrlässige Körperverletzung und unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen wird, ist für uns völlig unverständlich."

Auch Oliver Kaufhold, stellvertretender Pressesprecher von Transnet, nahm die Zugbegleiter in Schutz. Die Bahn müsse "Klarheit herstellen, wie da zu verfahren ist", damit die Zugchefs und Zugbegleiter nicht nur nach eigenem Ermessen handeln müssten. Denn "die wirklichen Handlungsmöglichkeiten sind begrenzt", erklärt Kaufhold. Der Zugchef kann zwar technische Probleme im Rahmen seiner Möglichkeiten lindern, aber nicht beheben. Es gebe zwar Richtlinien, aber in den meisten Fällen müsse der Zugchef nach eigenem Ermessen handeln.

Bahn: "Gesteigertes Augenmerk" auf die Klimaanlagen

Ob im Falle der überhitzten ICEs die richtigen Entscheidungen getroffen wurden, müsse jetzt überprüft werden, sagte Kaufhold. Dass die bereits überhitzten Schüler in einen zweiten ICE umsteigen mussten, in dem ebenfalls die Klimaanlage kaputt war, sieht er kritisch.

Die Deutsche Bahn selbst versicherte in ihrer Mitteilung, die Vorfälle im Zusammenhang mit den ausgefallenen ICE-Klimaanlagen lückenlos aufzuklären. DB-Vorstandsvorsitzender Rüdiger Grube versprach, die Bahn werde "für den erlittenen Schaden eine schnelle und unbürokratische Wiedergutmachung leisten". Außerdem sollten die Techniker der Bahn "gesteigertes Augenmerk" auf die Klimaanlagen richten. Außer der Regelung, Reisende aus unklimatisierten Waggons auf kühlere Plätze zu setzen und bei einem Komplettausfall auf andere Züge zu verteilen, gab es aber bisher keine weiteren Maßnahmen.

evangelisch.de/ han/ dpa