Unterstützung für Horst Köhler im Internet

Unterstützung für Horst Köhler im Internet
Seit Monaten wehte dem Bundespräsidenten der Wind ins Gesicht. Doch im Internet hat das gescheiterte Staatsoberhaupt eine treue Fangemeinde, die prompt reagierte.
31.05.2010
Von Thomas Östreicher

Der Bundespräsident ist als erstes deutsches Staatsoberhaupt seit dem Zweiten Weltkrieg zurückgetreten - nach heftiger Kritik an einem Radiointerview, in dem er Krieg zur Sicherung wirtschaftlicher Interessen als vertretbar bezeichnet hatte. Ein solcher Militäreinsatz wäre nach heutigem Stand grundgesetzwirdrig.

Doch was Politiker aller Parteien irritierte bis entsetzte, ist für Köhlers Fans im Internet noch lange kein Grund für einen Rücktritt. Auf der Facebook-Seite des Bundespräsidenten zeigten sich viele vorwiegend junge Teilnehmer Minuten nach Bekanntwerden der Rücktrittsnachricht betroffen über seinen drastischen Schritt.

"Das war nicht nötig, Hotte!"

"Renate Traut" etwa schreibt: "Armes Deutschland - die besten Männer treten freiwillig zurück, wo soll das noch hinführen?" Vermutlich zählt sie auch den Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch zu Deutschlands "besten Männern", der vor wenigen Tagen seinen Rückzug aus der Politik ankündigte.

"Thomas Kauer" wendet sich direkt an den ersten Mann im Staate: "Sehr geehrter Herr Köhler, Sie waren einer der wenigen, die sich nicht permanent, aber im Fall des Falles sehr dezidiert und klar geäußert haben. Mit Ihrem Rücktritt gehen Sie diesen Weg nun konsequent weiter und setzen ein Zeichen gegen den multimedialen Populismus unserer Zeit. Dafür gebührt Ihnen Resepekt."

"Das war nicht nötig, Hotte!", reagiert "Marcus Wares" etwas flapsiger und fragt: "Wer soll jetzt die Wahrheit sagen?" Auch "Gabrielle Solis" zeigt sich "sehr enttäuscht. So schnell kann es gehen, wenn einer mal das ausspricht, was alle denken :("

Lob auch auch von der gegnerischen Seite

"Thorsten Esling" schreibt, er ziehe seinen Hut vor Horst Köhlers "Mut, authentisch die Wahrheit zu sagen". Doch sein Lob kommt aus einer politischen Ecke, die nicht unbedingt auf Köhlers Sympathie hoffen darf. Denn das Leser-Statement geht wie folgt weiter: "Kriege waren und sind leider immer eine Ausgeburt der Gier der Wirtschaft - weltweit! Und nur durch Lügen, falsche Propaganda und dem schmutzigen, kriminellen Geschäft der Geheimdienste werden Mandate - wie der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan - erst möglich gemacht."

Einig ist fast allen Leser-Kommentatoren auf Horst Köhlers Facebook-Seite das Bedauern über den Rücktritt, das sich am häufigsten in einem Wort äußert: "schade!". Und "Alwin Wörle" findet drastische Worte für die Reaktionen aus den Parteien zu Köhlers Abgang: "Alles Heuchler."


Thomas Östreicher ist freier Journalist in Hamburg und Frankfurt.