Du kriegst die Motten

Du kriegst die Motten

Als ich klein war, nannte meine Oma mich oft "kleine Motte". (In Wirklichkeit sagte sie: "Meine kleene Modde", denn meine Oma stammt aus Thüringen, aber das nur nebenbei.) Vielleicht liegt es an diesem Kosenamen, dass ich Motten gegenüber durchaus positiv eingestellt bin. Viele Menschen sehen das allerdings anders, schließlich fressen sich manche der Falter durch unsere Wollpullover, Äpfel, Mehlpackungen oder Kastanienbäume.

Auch wenn ich dieses Verhalten natürlich nicht billige (wenn ich solch einen Übeltäter auf frischer Tat ertappe, kenne ich kein Pardon. Zur Vorbeugung zumindest im Kleiderschrank habe ich aber mit Zedernholzwürfeln gute Erfahrungen gemacht), möchte ich trotzdem hier in gutes Wort für die Nachtfalter einlegen. Motten sind schließlich auch nur Schmetterlinge. Oder, besser gesagt, ein Schmetterling ist auch nur eine Motte. Denn von den mehr als 3000 in Europa bekannten Arten der Familie Lepidoptera gehören gerade mal 5 Prozent zu den Schmetterlingen, der Rest sind Nachtfalter. Wobei die Unterscheidung nicht immer ganz leicht ist, denn abgesehen von den weitgehend identischen biologischen Merkmalen trifft es noch nicht einmal immer zu, dass Schmetterlinge tags und Nachtfalter nachts fliegen. So manche Motte ist im hellen Sonnenschein unterwegs.

Eine davon hat vor einiger Zeit den Weg in unseren Garten gefunden - ein Taubenschwänzchen schwebte vor den Primeln auf unserer Terrasse wie ein kleiner Kolibri von Blüte zu Blüte, steckte seinen langen Rüssel hinein und saugte den Nektar heraus. Leider haben wir es danach nicht mehr wiedergesehen. Was aber kaum verwundert, wenn man weiß, dass Taubenschwänzchen zu den Wanderfaltern gehören und mitunter in zwei Wochen 3000 Kilometer zurücklegen. Und sogar rückwärts fliegen können.

Viele Motten haben ähnlich faszinierende Eigenschaften. Und sie sind auch nicht alle langweilig braun oder grau, sondern kommen in allen möglichen Formen und Farben daher.  Groß und bunt ist zum Beispiel das Kleine Nachtpfauenauge, das vom Bund für Umwelt und Naturschutz zum Schmetterling des Jahres 2012 gewählt wurde. Ansonsten aber haben die Falter auch bei Naturschützern keine große Lobby, obwohl ihr Bestand seit Jahren kontinuierlich zurückgeht. 30 Prozent von ihnen sind gefährdet, schätzt der Naturschutzbund Deutschland.

Mal abgesehen davon, dass die Nachtfalter ein wichtiges Glied in der Nahrungskette spielen und auch für die Bestäubung von Pflanzen wichtig sind - es wäre schade, wenn diese kleinen Wunderwerke der Natur nur deshalb mit dem Überleben kämpfen müssten, weil wir ihnen nicht die gleiche Beachtung schenken wie den Tagfaltern. Auch wenn wir sie oft nicht wahrnehmen, weil sie Meister der Tarnung und oft zu einer Zeit aktiv sind, zu der wir schlafen, sollten wir ihnen einen Aufenthalt in unserem Garten so angenehm wie möglich machen. Willkommen, kleene Modde!

Was Sie für die Nachtfalter tun können:

  • - Unordentlich sein: Wie die meisten Wildtiere brauchen auch Motten einen Rückzugsraum, in dem sie sich verstecken, ihre Eier ablegen und überwintern können. Deshalb den Laubpuster lieber ausgeschaltet und zumindest in einer abgelegenen Gartenecke das Gras wachsen und abgefallene Blätter liegen lassen.
  • -Wenn Sie eine Hecke haben, diese nur alle zwei Jahre trimmen, ebenso Büsche und Böschungen.
  • -Keine Pestizide verwenden, denn diese machen nicht nur Bösewichten, sondern auch nützlichen und willkommenen creepy crawlies den Garaus.
  • -Gleiches gilt für sogenannte Insektenvernichterlampen, die abends auf Terrassen und Balkonen aufgestellt werden - sie ziehen nur wenige Steckmücken an (auf die sie abzielen sollen), dafür umso mehr Motten, die so unnötigerweise getötet werden.
  • - Nektarlieferanten bereitstellen. Grundsätzlich gilt dabei: Die verschiedenen Falterarten sind zu verschiedenen Jahreszeiten unterwegs. Damit jede/r etwas etwas findet,sollte in möglichst vielen Monaten Nektar zur Verfügung stehen. Alte Blumensorten sind in der Regel nektarreicher als Neuzüchtungen, einfache Blüten den gefüllten vorzuziehen. Besonders gut geeignet sind: Im Frühling  Blaukissen (Aubretia), Klee, Gänseblümchen, Wiesenschaumkraut, Vergissmeinnicht, Stiefmütterchen, Nachtviolen, Silberblatt. Im Sommer und Spätsommer Schmetterlingsflieder, Lavendel, Majoram, Thymian, Tagetes, Flockenblumen, Disteln, Baldrian, Astern, Skabiosen. Im Oktober und November, wenn nichts anderes mehr blüht, stellt Efeu eine wichtige Nahrungsquelle dar.
  • - Da es nachts ja nun mal dunkel ist, finden viele Nachtfalter ihre Nahrung durch ihren Geruchssinn. Pflanzen, die nachts stark duften, sind deshalb für sie besonders wertvoll. Dazu gehören: Jasmin, Geißblätter, Nachtkerzen, Levkojen, Tabakpflanzen (aber nur die Sorte Nicotiana alata, die modernen, dekorativen Sorten haben meist nur wenig Duft).
  • - Auch an den Nachwuchs denken: Damit die Falter ihre Eier ablegen können und der Nachwuchs nach dem Schlüpfen gleich etwas zu fressen findet, brauchen alle Schmetterlinge bestimmte Pflanzen. Eine für alle gibt es nicht, deshalb auch hier am besten eine Bandbreite an verschiedenen Pflanzen bereitstellen. Gut sind zum Beispiel Bäume wie Weiden, Birken und Eichen, Heckenpflanzen wie Weiß- und Rotdorn, Schlehen, Haselsträucher, Buche, Spindelstrauch, Liguster, Obstbäume wie Äpfel, Pflaumen und Kirschen, Kletterpflanzen wie Rosen, Geißblätter, Clematis, Hopfen und Efeu. Langes Gras, Löwenzahn, Taubnesseln, Brennnesseln sind wichtige Futterpflanzen für Raupen, ebenso Königskerzen, Fingerhüte, Disteln, Schafgarbe und Thymian.

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