Verzweifelte Suche nach Verschütteten

Rettungseinsatz nach Beben in der Türkei
© Uncredited/AP/dpa
Rettungskräfte und medizinische Teams versuchen, nach einem Erdbeben in Diyarbakir im Südosten der Türkei, verschüttete Bewohner in einem eingestürzten Gebäude zu erreichen.
Rettungseinsätze nach Erdbeben
Verzweifelte Suche nach Verschütteten
Nach den schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien suchen Rettungskräfte und weitere Helfer verzweifelt nach Verschütteten. Die Suche und Bergung wird durch Nachbeben und der Gefahr von weiteren Hauseinstürzen sowie durch das winterliche Wetter massiv erschwert. Am Dienstagmorgen lag die Zahl der Getöteten bei rund 4.800. In der Region sind viele Menschen schon lange auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Nach den Beben in der Grenzregion Syriens und der Türkei steigen die Opferzahlen weiter an. Mindestens 23.000 Menschen seien in beiden Ländern verletzt worden, berichtet Spiegel online. Laut türkischer Regierung wurden fast 8.000 Verschüttete gerettet. In Syrien gab es nach Angaben des Gesundheitsministeriums sowie der Rettungsorganisation Weißhelme rund 1.500 Tote.

Die EU und die Bundesregierung stellten rasche Hilfen in Aussicht. Papst Franziskus gedachte der Opfer. Auch UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich bestürzt.

Hilfsorganisationen reagierten umgehend: Das Bündnis "Aktion Deutschland Hilft" stellt nach eigenen Angaben eine Million Euro für Soforthilfe zur Verfügung. Deutsche Organisationen aus dem Bündnis seien bereits vor Ort im Einsatz, weitere Nothilfeteams seien auf dem Weg. Die betroffenen Menschen benötigten besonders medizinische Hilfe, Zelte, Decken und Grundnahrungsmittel.

"Das erste Erdbeben hat die Menschen im Schlaf erwischt", sagte die Programmkoordinatorin der Diakonie Katastrophenhilfe für die Türkei, Bilge Menekse, dem Evangelischen Pressedienst. Seither seien die meisten Menschen auch wegen mehrerer Nachbeben auf der Straße. In den Städten und Ortschaften in der Grenzregion lebten auch viele syrische, afghanische und irakische Geflüchtete in instabilen Behausungen. "Der humanitäre Bedarf war schon vor den Erdbeben groß", sagte sie. Die Diakonie Katastrophenhilfe stellt nach eigenen Angaben 500.000 Euro an Hilfsgeldern zur Verfügung. Caritas International sagte 250.000 Euro zu.

Not auch in Bürgerkriegsregion

Die Welthungerhilfe startete ebenfalls ein Soforthilfeprogramm im Umfang von zunächst 100.000 Euro. Alleine in Nordwestsyrien seien gut vier Millionen Menschen wegen des Bürgerkriegs auf Hilfe angewiesen. Viele von ihnen hungerten, und es fehlten Trinkwasser, Strom sowie Heizmaterial. Zahlreiche Menschen harrten wegen der Nachbeben bei "Kälte und Schneeregen im Freien aus, weil sie Angst haben, in ihre Häuser zurückzukehren", sagte der Nothilfekoordinator der Welthungerhilfe für die Region, Jesco Weickert.

Wie UN-Generalsekretär Guterres in New York mitteilte, waren am Montag auch Teams der Vereinten Nationen vor Ort, um den Bedarf zu ermitteln und Hilfe zu leisten. Sein Mitgefühl gelte den betroffenen Menschen in dieser Stunde der Tragödie.

In Beileidstelegrammen an die Nuntiaturen in Ankara und Damaskus äußerte sich Papst Franziskus bestürzt über den hohen Verlust an Menschenleben. Er bete für die Seele der Verstorbenen und für alle, die um sie trauerten, hieß es in den Schreiben. Insbesondere bete er für die Nothelfer.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wandte sich in einem Kondolenztelegramm an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. "Deutschland steht bereit, bei der Bewältigung dieses Unglücks Hilfe und Beistand zu leisten", betonte er.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) versprach rasche Hilfe. Einer Sprecherin zufolge leistet das Auswärtige Amt humanitäre Hilfe in Syrien über einige Nichtregierungsorganisationen. Eine davon sei Malteser International. Die Hilfen über die Organisationen sollten um eine weitere Million Euro aufgestockt werden.

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Malteser International hat ein Nothilfeteam in die Erdbebengebiete entsandt, wie die Organisation mitteilte. In den Krankenhäusern steige die Zahl der verletzten Erdbebenopfer stündlich. Das katholische Bischöfliche Hilfswerk Misereor stellt nach eigenen Angaben 100.000 Euro für Soforthilfe bereit, ebenso wie das Medikamentenhilfswerk Action Medeor.

Menschenrechtler befürchten derweil, dass die kurdisch kontrollierten Gebiete in Syrien bei der Hilfe übergangen werden. Der Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido, erklärte in Göttingen, weder die türkische, noch die syrische Regierung seien daran interessiert, Hilfe für diese Gebiete zu leisten oder auch nur zuzulassen. Die Syrien-Referentin von medico international, Anita Starosta, sagte dem epd, in der Region sei Hilfe "immer auch politisches Instrument".