Deutsche Medien betreiben Griechen-Bashing

Deutsche Medien betreiben Griechen-Bashing
Die Medien neigen aktuell zum Griechen-Bashing. Anstatt Solidarität und Verständnis zu zeigen, werden Hass und Neid geschürt. Differenzierte Beiträge zur Krise gehen unter.
05.05.2010
Von Henrik Schmitz

Wer in diesen Tagen die Medien verfolgt, kann leicht eine gewisse Abneigung gegen Griechenland und die Griechen entwickeln. 22,4 Milliarden Euro wird Deutschland in den kommenden Jahren voraussichtlich an die Griechen überweisen. Ziemlich viel Steuergeld für ein Land, das die EU jahrelang mit geschönten Zahlen hinters Licht geführt hat.

Genau dies ist der Tenor in den Medien. "Das Land hat jahrelang über seine Verhältnisse gelebt", schreibt etwa die "Bild" über Griechenland und fordert seine Leser auf, Briefe an die Bundestagsabgeordneten zu schicken und diese zu fragen, ob sie mit ihren Diäten für die Bürgschaft an die Griechen bürgen. Wer den Fernseher einschaltet, sieht vor allem Bilder von protestierenden und demonstrierenden Griechen, die sich gegen die Sparmaßnahmen ihrer Regierung wehren. Das Bild bleibt haften: Erst leben die Griechen über ihre Verhältnisse, dann retten wir sie mit unseren Steuergeldern und dann erdreisten sie sich noch, gegen eigene Sparmaßnahmen zu demonstrieren. "Warum zahlen wir den Griechen ihre Luxus-Renten?", fragte wiederum "Bild" und verwies darauf, dass jeder Grieche neben der monatlichen Rente sozusagen noch eine Urlaubs- und eine Weihnachtsrente obendrauf erhält.

Neidreflexe und Hass

Es ist kein gutes Bild, das die Medien zeichnen, weil es Neidreflexe bedient und Hass schürt. Angebracht wären hingegen Solidarität und Aufklärung. Natürlich gibt es Beiträge, die dies leisten. Beiträge, in denen erklärt wird, dass Deutschland den Griechen das Geld nicht schenkt, sondern es ihnen leiht – verzinst mit fünf Prozent. Beiträge die darauf hinweisen, dass Deutschland als Exportweltmeister davon profitiert hat, dass die Griechen deutsche Produkte gekauft haben – mehr, als sie sich eigentlich leisten konnten. Und Beiträge, die klarmachen, dass es eben nicht der "einfache Grieche" ist, der tatsächlich über seine Verhältnisse gelebt hat, sondern beispielsweise die Armee, die massiv aufgerüstet wurde. Insgesamt sind es eher die Eliten des Landes, die falsche Strukturen geschaffen haben, die für die aktuelle Krise verantwortlich sind. Aber diese Beiträge laufen viel zu selten

Solidarität wäre also angebracht mit EU-Mitbürgern, die nun ausbaden, was ihnen Politiker eingebrockt haben. Das Pro-Kopf-Einkommen in Griechenland lag 2009 bei durchschnittlich rund 30.000 US-Dollar. In Deutschland waren es rund 40.000 Dollar. Die Durchschnittsrente in Griechenland ist nicht höher als die des deutschen Rentners. Und da sollen die Griechen nicht auf die Straße gehen dürfen und dagegen protestieren, dass neben anderen EU Ländern nun vor allem sie die Zeche zahlen sollen – unter anderem auch für die Spekulationsgeschäfte von Banken? Ist nicht der friedliche Protest auch ein Menschenrecht? Ist der Zorn der Griechen nicht verständlich?

Wie gesagt: Es gibt sie die Medien, die darauf hinweisen. Sie gehen aber unter in der geballten Macht von "Bild", "BamS" und "Glotze". Das ist – vorsichtig formuliert – schade.


Henrik Schmitz ist Redakteur bei evangelisch.de und betreut die Ressorts Medien und Kultur