Afghanistan: SPD kritisiert "unerträgliche Kriegsrhetorik"

Afghanistan: SPD kritisiert "unerträgliche Kriegsrhetorik"
"In Afghanistan handelt es sich nicht um Krieg", sagt Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD, und verlangt auch von der Kanzlerin klare Worte bei ihrer heutigen Regierungserklärung.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, hat der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Einsatz in Afghanistan "unerträgliche Kriegsrhetorik" vorgeworfen. "Lange wurde der Afghanistan-Einsatz weichgezeichnet. Jetzt schwenkt das Pendel plötzlich hin zu einer unerträglichen Kriegsrhetorik", sagte Arnold der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag).

Merkel gibt Regierungserklärung ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hätten von Krieg gesprochen, doch "die Wahrheit in Afghanistan" sei "viel komplexer". Arnold forderte Merkel auf, "alle Zweifel auszuräumen, die durch die unsägliche Kriegsdebatte der letzten Tage entstanden sind". Ein klärendes Wort der Kanzlerin sei überfällig: "In Afghanistan handelt es sich nicht um Krieg. Die Bundeswehr ist dort auch nicht in einem Kriegseinsatz. Ihre Anwesenheit ist von der legitimen afghanischen Regierung gewollt und von einem klaren UN-Mandat gedeckt."

Merkel hält am Donnerstag eine Regierungserklärung im Bundestag. Dabei will sie auf die Grundlagen des deutschen Einsatzes in dem Land am Hindukusch reden. In der Debatte wird auch SPD-Chef Sigmar Gabriel reden. Er hatte Merkel aufgefordert, ein neues Mandat vom Bundestag zu verlangen, falls sich die Grundlage des Bundeswehreinsatzes verändert habe.

Guttenberg vor Kundus-Untersuchungsausschuss

Arnold sagte: "Wir brauchen kein neues Mandat für die Bundeswehr". Die Fakten, auf denen das geltende Bundestagsmandat für den Afghanistan-Einsatz beruhten, seien "vollkommen unverändert". Wer allerdings die Beschränkungen des Einsatzes hin zu einer stärker offensiven Ausrichtung verändern wollte, müsste dafür die Zustimmung des Bundestages haben. "Nichts anderes hat Sigmar Gabriel für die SPD deutlich gemacht", sagte der Verteidigungsexperte.

Zur Zukunft des Kundus-Untersuchungsausschusses im Bundestag sagte Arnold, es gebe weiterhin "viele offene Fragen". Verteidigungsminister zu Guttenberg habe "bis heute nicht erklärt, auf welcher Basis er zu seiner Fehlbewertung gekommen ist, der Luftangriff auf die Tanklaster von Kundus sei militärisch angemessen gewesen". Auch die Gründe, warum er seine Auffassung später korrigierte, habe der Minister bisher nicht dargelegt.

Guttenberg wird am Donnerstagnachmittag vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Die Vernehmung gilt als Höhepunkt der Arbeit des Gremiums.

Risiko für Soldaten steigt

Unterdessen sieht der Oberbefehlshaber der internationalen Afghanistan-Truppen, der amerikanische 4-Sterne-General Stanley McChrystal, die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan durch die neue Strategie im Kampf gegen die Taliban größeren Gefahren ausgesetzt. Man müsse kurzfristig erst einmal damit rechnen, "gewisse zeitlich begrenzte Risiken einzugehen", sagte er am Mittwochabend im Interview der ARD-"Tagesthemen". "Rauszugehen und mit der Bevölkerung zu interagieren, bedeute auch immer ein gewisses Risiko." Allerdings sei dies nur ein verübergehendes Risiko. Am Ende werde die neue Strategie auch für die deutschen Soldaten mehr Sicherheit bringen, sagte der General.

dpa