TV-Tipp: "Kommissar LaBréa: "Mord in der Rue St. Lazare"

TV-Tipp: "Kommissar LaBréa: "Mord in der Rue St. Lazare"
Ein Film-Produzent wird tot aufgefunden. Kommisar LaBréa braucht nicht lange, um rauszufinden, dass praktisch jeder, der den Mann kannte, als Mörder in Frage kommt: Alle haben ihn gehasst.
20.04.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Kommissar LaBréa: "Mord in der Rue St. Lazare", 22. April, 20.15 Uhr im Ersten

Schon der Auftakt der neuen ARD-Filmreihe "Kommissar LaBréa" ("Tod an der Bastille") vor gut einem Jahr war überraschend sehenswert: weil Francis Fulton-Smith mehr als bloß einen Dr. Kleist mit Polizeimarke spielte; weil eine spannende Geschichte auch angemessen fesselnd umgesetzt wurde; weil man am Ende des Films neugierig war, wie sich die Figuren weiter entwickeln würden; und weil Paris so viele auch weniger bekannte Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, dass die Stadtansichten mit den Zwischenschnitten fast verschwendet sind.

Kommissar LaBréa mit neuer Assistentin

"Mord in der Rue St. Lazare" ist wie der erste Film die Adaption eines Romans von Alexandra Grote. LaBréas Assistentin wird nicht mehr von Chiara Schoras, sondern ohne große Erklärungen von Anja Knauer gespielt, doch ansonsten ändern sich nur die Verhältnisse zwischen den Figuren: Die Tochter des Kommissars sorgt dafür, dass LaBréa in Künstlerin Céline (Valerie Niehaus) alsbald mehr sieht als bloß die hilfsbereite Nachbarin. Im Vordergrund steht natürlich der Mord, aber Jürgen Büschers Drehbuch vermeidet geschickt, dass die Liebelei wie ein Fremdkörper wirkt. Der Titel bezieht sich allerdings nicht auf die Tat, sondern auf einen Film, der gerade in Paris gedreht wird. Der Tote war der Produzent des Werks.

Mit Katja Flint und Simon Verhoeven

LaBréa braucht nicht lange, um rauszufinden, dass praktisch jeder, der den Mann kannte, als Mörder in Frage kommt: Alle haben ihn gehasst. Die "Besetzungscouch" des Produzenten war berüchtigt; aktuell trieb er es mit der Hauptdarstellerin (Felicitas Woll), deren Freund (Wanja Mues) der Regisseur ist, und zwar auch am Abend seines Todes. LaBréa findet das ganz ohne DNA-Nachweis raus; manchmal zahlt es sich eben aus, wenn ein Polizist nicht bloß im übertragenen Sinn eine gute Nase hat. Aber auch die Witwe (Katja Flint) hätte ein wunderbares Motiv, denn die vermeintlich offene Beziehung, die sie und ihr Mann geführt haben, war keineswegs so rosig, wie sie tut; ganz abgesehen von der Tatsache, dass der tote Gatte ihren Liebhaber (Simon Verhoeven) für dessen Dienste bezahlt hat. Und der Galan ist zur Tatzeit von einem Taxi vor dem Tatort abgesetzt worden.

Amüsant: Seitenhiebe auf das Filmgeschäft

In guten Krimis ist die Wahrheit am Ende eine ganz andere, und wenn sie richtig gut sind, ist die Auflösung auch so plausibel, dass sie nicht wie aus dem Hut gezogen wirkt; beides ist hier der Fall. Dennis Satins Inszenierung fällt nicht weiter auf, was sich durchaus positiv auswirkt; um so amüsanter sind die Seitenhiebe gegen das Filmgeschäft. Da stört es dann auch nicht weiter, dass sich LaBréas Assistent (Bruno Bruni) immer wieder aufspielen muss und dass Polizeichef Thibon (Daniel Friedrich) in seiner Mischung aus Unfähigkeit und Eitelkeit frappierend an Patta erinnert, den Vorgesetzten von LaBréas venezianischem Kollegen Brunetti.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).