Iris Berben: Ich lebe einfach so gerne

Iris Berben: Ich lebe einfach so gerne
Wenn Iris Berben in diesen Sommer ihren 60. Geburtstag feiert, kann sie auf eine außerordentlich erfolgreiche Karriere zurückblicken: Sie glänzte in "Sketchup" als Ulknudel, überzeugt seit Jahren als Kommissarin "Rosa Roth" und spielte immer wieder in aufsehenerregenden Filmen wie "Buddenbrooks", "Duell in der Nacht" oder "Silberhochzeit" tragende Hauptrollen. Jetzt ist die Mutter von Produzent Oliver Berben, die sich privat gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus engagiert, in einem packenden Politthriller nach einem Roman von Bestsellerautor Henning Mankell zu sehen.
03.04.2010
Die Fragen stellte Martin Weber

In dem Zweiteiler "Henning Mankell: Kennedys Hirn", den die ARD am Karsamstag um 20.15 Uhr am Stück zeigt, spielt Iris Berben eine schwedische Archäologin, deren Sohn in Afrika unter rätselhaften Umständen ums Leben kommt. Sie reist nach Südafrika und Mosambik, um seinen Tod aufzuklären, und kommt skandalösen Machenschaften eines Pharmakonzerns auf die Schliche, der an einem Impfstoff gegen Aids arbeitet und dabei über Leichen geht. In weiteren Rollen sind Heino Ferch und der schwedische Schauspieler Michael Nyquist zu sehen.

evangelisch.de: Frau Berben, Ihr neuer Zweiteiler, den die ARD jetzt zeigt, heißt wie Henning Mankells Romanvorlage "Kennedys Hirn" – ein reichlich seltsamer Titel, finden Sie nicht?

Berben: Stimmt, das hat mit der ganzen Geschichte eigentlich auch gar nichts zu tun. Es ist eine Metapher. Eine wichtige Figur im Film benutzt dieses Bild für etwas, das spurlos verschwindet. Kennedys Gehirn wurde ja angeblich aus der Pathologie geklaut und verschwand spurlos.

evangelisch.de: Wie finden Sie Mankells Bücher, die gerade in Deutschland enorm erfolgreich sind?

Berben: Ich mag sie sehr, nicht nur die Wallander-Romane. Ich mag das Spröde und Wahrhaftige seiner Figuren. Sein großer Erfolg hat, glaube ich, damit zu tun, dass die Figuren so nachvollziehbar sind. Er selber ist übrigens auch ein bisschen spröde, und genau das mag ich an ihm.

evangelisch.de: Dann haben Sie Henning Mankell also während der Dreharbeiten kennen gelernt?

Berben: Ich habe ihn schon vor Jahren kennen gelernt und traf ihn vor Beginn der Dreharbeiten wieder, denn er hat ja sein Okay geben müssen, ob er mit mir als Protagonistin einverstanden ist. Wir sind uns im Rahmen dieses Projekts insgesamt dreimal begegnet, und erst dieser Tage habe ich eine sehr schöne Mail von ihm bekommen, wie zufrieden er mit unserem Film ist.

evangelisch.de: Der Zweiteiler wird am Stück gezeigt. Glauben Sie, dass die Zuschauer genug Sitzfleisch für drei Stunden haben?

Berben: Das will ich doch hoffen! Aber es ist für die ARD natürlich ein Experiment, und wir sind da in gewisser Weise die Versuchskaninchen. Arte hat so etwas ja schon oft gemacht, aber für das Erste ist es was Neues. Ursprünglich war geplant, dass der Film an zwei verschiedenen Tagen gezeigt wird, aber jetzt ist es halt so entschieden worden. Drei Stunden ist natürlich eine ganze Menge, und wir hoffen jetzt einfach, dass die Leute vom ersten Teil so angetan sind, dass sie sich Teil zwei gleich auch noch anschauen.

evangelisch.de: Das Thema Aids in Afrika spielt im Film eine wichtige Rolle. Haben Sie während der Dreharbeiten in Südafrika und Mosambik etwas davon mitbekommen?

Berben: Das kriegst du dort schon mit, in den Krankenhäusern zum Beispiel hängen überall Aufklärungsplakate, die vor ungeschütztem Sex warnen. Vor allem in Mosambik aber sieht man das Problem auch auf der Straße, man sieht infizierte Menschen, bei denen die Krankheit schon ausgebrochen ist. Ich habe natürlich auch viel mit den Leuten gesprochen, mit denen wir vor Ort gearbeitet haben, und auch dadurch eine ganze Menge mitbekommen. Aids ist ein gewaltiges Problem für Afrika, das kann man gar nicht oft genug wiederholen.

evangelisch.de: Sie haben schon öfter dort gedreht. Haben Sie ein besonderes Verhältnis zu diesem Kontinent?

Berben: Das würde ich nicht behaupten, aber ich bringe von Afrika immer eine Erkenntnis mit nach Hause, die da lautet: Es geht auch anders als bei uns, es geht mit so viel Natur und mit so wenig Konsum. Man muss sich aber davor hüten, Afrika zu verklären. Die Lebensumstände in vielen afrikanischen Ländern sind erbärmlich. Die Frauen schleppen nach wie vor das Wasser und bauen die Häuser – vor allem sie sind diejenigen, die diesen Kontinent mit harter Arbeit erhalten. Man muss eben auch die Verzweiflung und den Dreck zeigen, und das ist uns in unserem Film ganz gut gelungen, finde ich.

evangelisch.de: Glauben Sie, dass sich dieses Elend in einem Spielfilm besser transportieren lässt als in einer Dokumentation?

Berben: Das glaube ich nun wiederum nicht. Es gibt ja ganz hervorragende Dokumentationen darüber, und überhaupt werden Dokus ja viel stärker wahrgenommen als früher, die Akzeptanz dieser Gattung ist mittlerweile sehr hoch. Du musst aber auch bei einem Spielfilm darauf achten, dass du nicht wieder nur das Klischeebild vom romantischen Afrika malst, sondern auch zeigst, wie die Lebenswirklichkeit dort aussieht – gerade vor dem Hintergrund, dass Afrika in vielen Liebesschnulzen ja als reine Naturkulisse dient.

evangelisch.de: Also hat Ihr Film auch einen pädagogischen Ansatz.

Berben: Wenn Sie so wollen. Auf den erhobenen Zeigefinger haben wir zwar verzichtet, das Elend in Mosambik ist aber Teil der Story, in der es ganz wesentlich um Ausbeutung geht – in diesem Fall darum, dass Menschen als Versuchskaninchen missbraucht werden. Die Kolonialzeit ist längst vorbei, aber Afrika wird immer noch ausgebeutet, das ist doch ein Skandal. Man kann mit einem Film ja leider nichts verändern, man kann Leute nur antippen, für ein Thema sensibilisieren.

evangelisch.de: Ein Happy End, so viel sei verraten, wird dem Zuschauer verwehrt.

Berben: Gott sei Dank! Wir haben lange darüber diskutiert und uns dann dagegen entschieden. Das hätte dem Film mit seiner anspruchsvollen Problematik auch nicht gut getan. Wir wollten eben kein Ende, das den Zuschauer beruhigt.

evangelisch.de: Sie werden dieses Jahr 60, sind aber nach wie vor dick im Geschäft. Keine Angst, dass damit bald Schluss sein könnte?

Berben: Jetzt nicht mehr (lacht). Früher wurde einem ja noch eingebläut, mit 40 kriegst du keine Rollen mehr. Ich habe aber festgestellt, dass ich gerade in den vergangenen 20 Jahren die komplexeren, saftigeren und genaueren Rollen bekommen habe. Man kann auch mit 60 noch tolle Filme machen. Klar ist aber auch, dass dieser Geburtstag eine Markierung ist und sich bei solchen Gelegenheiten schon die Frage aufdrängt, wie viel Zeit einem noch bleibt – ich lebe einfach so gerne, und der Gedanke, dass man irgendwann nicht mehr dabei ist, beschäftigt mich schon.