Evangelische Internate um Aufklärung bemüht

Evangelische Internate um Aufklärung bemüht
Nach dem Bekanntwerden von immer mehr Missbrauchsfällen an Schulen bemühen sich auch evangelische Internate derzeit um die Aufklärung eventueller Übergriffe. Betroffene sollen motiviert werden, sich zu melden.

"Wir wollen offensiv für Klarheit und Transparenz sorgen", sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Internate, Arnd Rutenbeck, in einem epd-Gespräch. Mehrere Internate seien dabei, ehemalige Schüler anzuschreiben. Sie sollten motiviert werden, sich zu melden, falls es Vorfälle gegeben habe.

Einrichtungen, in denen es zu Missbrauch gekommen sei, seien zur Wiedergutmachung verpflichtet, betonte Rutenbeck. Das Mindeste sei die Übernahme von möglichen Therapiekosten. Für eine entsprechende Finanzierung müsse gesorgt werden. Wenn die Verjährungsfrist abgelaufen sei, hätte sich die Institution, in der der Missbrauch geschehen sei, sich um die Opfer kümmern.

"Ein Fall von Mißbrauch ist nicht einfach wieder gut zu machen", so der Internatsleiter. "Wir können die Opfer nur um Vergebung bitten und gemeinsam schauen, wie solche Taten entschädigt werden können. Hier muss individuell jedes Opfer zu Wort kommen können."

Zweite Chance als falsches Signal

Der "Arbeitskreis Internate" in der Arbeitsgemeinschaft freier Schulen suche derzeit nach einer "kompetenten, neutralen Stelle", an die sich Missbrauchsopfer wenden könnten, sagte der geschäftsführende Leiter des evangelischen Internats im niedersächsischen Dassel weiter. Als bislang einziger evangelischen Schule waren in der vergangenen Woche Missbrauchsfälle im badischen Internat Gaienhofen bekannt geworden. Insgesamt gibt es derzeit rund 40 evangelische Internate in Deutschland, die von Landeskirchen, Stiftungen oder Vereinen getragen werden.

Sexueller Missbrauch müsse strafrechtliche Konsequenzen für den Täter nach sich ziehen, forderte Rutenbeck. "Auf keinen Fall dürfen wir den Deckmantel der Liebe über alles breiten." Es sei das falsche Signal, Mitarbeiter zu schützen und ihnen eine zweite Chance zu geben, indem man sie an einen anderen Ort versetzt, so der Pädagoge mit Blick auf eine offenbar jahrelang vielfach gängige Praxis in kirchlichen Einrichtungen. Die Täter dürfen nie wieder eine Gelegenheit erhalten, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten.

In Zukunft müssten Lehrer "viel viel sensibler sein" und viel genauer hinschauen, forderte der Pädagoge. Aufgabe der Schulen sei zudem die Stärkung der Persönlichkeit. "Wir müssen Schülerinnen und Schüler stark machen, Nein zu sagen", so Rutenbeck: "Nein zum Rauchen, zu Drogen und auch Nein, wenn Handlungen an ihnen vollzogen werden sollen." Außerdem seien neutrale Vertrauenspersonen notwendig, die auch für Missbrauchsproblematiken ansprechbar seien.

epd