Google Street View: Aufnahmen teilweise gesetzeswidrig

Google Street View: Aufnahmen teilweise gesetzeswidrig
Deutschland soll bereits weitgehend abgelichtet sein, doch die Foto-Aufnahmen durch Google Street View verstoßen nach einem Rechtsgutachten zu großen Teilen gegen deutsches Recht.

Die Foto-Aufnahmen deutscher Städte durch Google Street View verstoßen nach einem Rechtsgutachten zu großen Teilen gegen deutsches Recht. Das ist das Ergebnis eines von der rheinland-pfälzischen Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachtens, das Justizminister Heinz Georg Bamberger (SPD) am Montag in Mainz vorstellte. Darin wird unter anderem kritisiert, dass die Rohversionen der Aufnahmen unanonymisiert in die USA geschickt werden. "Was dort mit den Daten geschieht, weiß niemand", so Bamberger. Er forderte, Google müsse gewährleisten, dass die Daten direkt bei der Aufnahme anonymisiert und nicht für andere Zwecke verwendet würden.

Entscheidend: In welcher Höhe werden Aufnahmen gemacht

Laut Gutachten ist der Dienst von Google Street View nur unter gewissen Einschränkungen zulässig. Entscheidend sei unter anderem, in welcher Höhe die Aufnahmen gemacht würden, erläuterten die Wissenschaftler Thomas Dreier und Indra Spiecker vom Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft in Karlsruhe. "Zulässig ist, was auch ein normaler Passant sehen kann. Was darüber hinaus geht, ist nicht mehr zulässig", so Dreier. Eine natürliche Grenze liege bei etwa zwei Metern. Google filme aber teilweise in einer Höhe von 2,90 Metern und könne so auch über natürliche Sichtschutze wie Mauern oder Hecken hinwegfilmen.

Bilder von Einfamilienhäusern und von Gebäuden in ländlichen Gegenden dürfen nach Ansicht der Wissenschaftler nicht im Internet verbreitet werden. Die Häuserfassade und die Umgebung lasse für Dritte Rückschlüsse auf die Wohnsituation einzelner Personen zu, erklärte Spiecker. "Das muss aber verhindert werden." Unproblematisch seien dagegen Mehrfamilienhäuser in Straßen, die das typische Stadtbild darstellen.

Deutschland weitgehend abgelichtet

Seit anderthalb Jahren sind Mitarbeiter von Google auch in Deutschland unterwegs und nehmen mit 360-Grad-Kameras, die auf Autos oder auch Zweirädern montiert sind, die Straßenansichten und öffentlichen Plätze auf. Mit fotorealistischen, dreidimensionalen Darstellungen sollen traditionelle Kartendienste im Internet der Vergangenheit angehören.

Für den Street-View-Dienst werden die Bilder dann nahtlos zusammengefügt, so dass sich der Nutzer die Straßen im Detail ansehen kann. Deutschland soll bereits weitgehend abgelichtet sein, auch wenn der US-Konzern wegen des Widerstands von Politikern, Datenschützern und einiger Kommunen länger mit einem Start von Street View in Deutschland wartete. Den im Mai 2007 vorgestellten Dienst gibt es bereits unter anderem in den USA und Großbritannien.

"Kommerzialisierung der Privatsphäre hat Grenzen "

Das Gutachten zeige die Schwachstellen von Google Street View und enthalte wichtige datenschutzrechtliche Anregungen, teilte der rheinland-pfälzische Landesbeauftragte für Datenschutz, Edgar Wagner, mit. Es mache deutlich, dass Google respektlos mit der Privatsphäre der Bürger umgehe und dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe. "Google muss lernen, dass die Kommerzialisierung der Privatsphäre Grenzen hat", sagte Wagner.

Die Landesregierung will das Rechtsgutachten den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder zur Verfügung stellen. Diese sollen prüfen, ob Google Street View damit neue Auflagen gemacht werden können. Justizminister Bamberger sieht die Vorlage vor allem als "Anreiz, neue Gespräche mit Google zu führen." Der aktuelle Diskussionsprozess solle mit dem Gutachten weiter befördert werden. Sollte Google dennoch nicht zu Kompromissen bereit sein, will Bamberger mit seinen Länderkollegen über den Bundesrat aktiv werden: "Dann machen wir halt ein Gesetz."

Schaar warnt vor Straßenfoto-Dienst

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warnte vor dem Straßenfoto-Dienst. "Google kann die Fotos von den Häusern, Straßen und Menschen mit anderen Informationen verknüpfen", sagte Schaar dem "Tagesspiegel" (Dienstag). "Wie und wo man wohnt, kann Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse zulassen." Das könne bei Kreditanfragen eine Rolle spielen oder bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Schaar forderte Google auf, den Bürgern aktiv mitzuteilen, dass die Fotos existieren und dass die Betroffenen einer Veröffentlichung widersprechen können.

Positiv bewertete Schaar den Vorstoß von Bundesinnenminister de Maizière, dass Firmen den Kunden einmal im Jahr sagen sollen, welche Daten sie über sie gespeichert haben. Allerdings müssten hier die gleichen Grundsätze für Staat und Wirtschaft gelten.

dpa