Blacky Fuchsberger: "Erfahrungen machen stabil"

Blacky Fuchsberger: "Erfahrungen machen stabil"
Er war der strahlende Held in den Edgar-Wallace-Filmen der 60er, moderierte später die legendäre Spielshow "Auf Los geht’s los" und pflegte in "Heut’ abend" den entspannten TV-Talk. Joachim "Blacky" Fuchsberger gehört zu den populärsten deutschen Entertainern – die Goldene Kamera 2010 für sein Lebenswerk ist die jüngste in einer ganzen Reihe hochkarätiger Auszeichnungen.
02.02.2010
Von Cornelia Wystrichowski

In der Komödie "Die Spätzünder"  spielt der 82-Jährige Fuchsberger jetzt den Altenheimbewohner Degenhard, der beweist, dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehört: Gemeinsam mit dem Rockmusiker Rocco (Jan Josef Liefers) gründen der schlitzohrige Senior und andere Heiminsassen eine erfolgreiche Band. Fuchsberger lebt mit seiner Frau im Münchener Nobelvorort Grünwald.

evangelisch.de: Herr Fuchsberger, im Fernsehen sah man Sie zuletzt selten – wieso spielen Sie jetzt ausgerechnet in einer Altenheimkomödie mit?

Joachim Fuchsberger: Ich schreibe gerade an einem Buch über das Alter und die Frage, wie die Gesellschaft mit den Alten umgeht. Ich habe diesen Film also gerade wegen seines Themas mit besonderer Freude und innerer Überzeugung gemacht. Die Arbeit war sehr erfreulich, auch wenn die Dreharbeiten für uns ältere Schauspieler manchmal doch sehr mühsam waren, wir sind ja alle über 80.

"Ich gehe nicht ins Altersheim"

evangelisch.de: Was ist für Sie als Schauspieler anders als in jüngeren Jahren?

Fuchsberger: Das Alter lässt einem nicht viele darstellerische Möglichkeiten. Ich habe eine Filmzeit mit viel Action hinter mir, ich war mein eigener Stuntman, war immer der Aktive. Jetzt mit 82 kann ich nicht mehr über Tische und Bänke springen. Natürlich habe ich meine Schwierigkeiten, natürlich habe ich Schmerzen, wir Alten werden einfach langsamer. Es ist ein fast schon philosophisches Bemühen, mit den verbleibenden Möglichkeiten umzugehen.

evangelisch.de: Die Botschaft des Films ist es ja aber, dass die Alten noch mehr draufhaben, als viele Jüngere glauben.

Fuchsberger: Es gibt in der Tat Leute, die es peinlich finden, wenn alte Menschen sich vergnügen, tanzen oder in ihren persönlichen Beziehungen vielleicht noch einen Schritt weiter gehen. Es gab ja sogar mal diesen politischen Rotzlöffel, der behauptet hat, Menschen über 80 seien keine neue Hüfte mehr wert. Natürlich sind die Möglichkeiten, die alte Leute haben, sehr viel größer, als man allgemein annimmt – oder als erwünscht ist. Gerade in einem Altersheim mag man keine Aufmüpfigkeit, keine Rebellion. Da gibt es strenge Vorgaben wie Alkoholverbot oder Rauchverbot, und die Bettruhe ist strikt einzuhalten. Das alles kann zwar begründet werden, hat aber auf das Leben der Altersheimbewohner einen drastischen Effekt. Sie müssen sich permanent unterordnen, und das gehört nicht zu einem schönen Leben im Alter.

evangelisch.de: Also würden Sie anders als die Figur, die Sie spielen, nicht in eine dieser sogenannten Seniorenresidenzen ziehen?

Fuchsberger: Nein, ich gehe nicht ins Altersheim. Ich respektiere es zwar, dass sich das Ehepaar Nadja Tiller und Walter Giller und mein alter Weggenosse Hans-Jochen Vogel dafür entschieden haben. Bei meinen Recherchen für meine Rolle habe ich aber Erkundigungen einzogen, wie es ist, wenn man in einem Seniorenheim lebt. Und da habe ich gehört, dass es diese ganzen Regeln und Einschränkungen gibt. Ich persönlich möchte das nicht, aber natürlich bin ich persönlich auch in der glücklichen Situation, sehr aktiv und in jeder Hinsicht unabhängig zu sein.

evangelisch.de: In „Die Spätzünder“ rebellieren die Senioren gegen die Bevormundung durch die Heimleitung, gründen eine Rockband und zeigen den jüngeren Skeptikern, was sie noch draufhaben...

Fuchsberger: Die Szene, in der im Altersheim die Bandmitglieder gecastet werden, ist ein absolutes Kabinettstück. Ich dachte ja bei den Dreharbeiten, ich krieg mich nicht mehr – wir lagen am Boden vor Lachen.

"Unser Film hat weniger Gebiss, aber viel Biss"

evangelisch.de: Der Film versucht bei allem Witz aber nicht, dem Zuschauer weiszumachen, dass das Alter ein reines Zuckerschlecken wäre.

Fuchsberger: Ich habe da ein Bonmot geprägt: Unser Film hat weniger Gebiss, aber viel Biss, und er geht das Thema Alter nicht nur von der humorigen Seite an, sondern tragikomisch. Als ich das Drehbuch gelesen hatte, sagte ich gleich: Es ist fantastisch, aber es fehlt etwas – in einem Altersheim spielt der Tod eine ganz konkrete Rolle, und der fehlte ursprünglich. Meine Anregung wurde aufgegriffen, und in die komödiantische Geschichte setzte man den Kontrapunkt, dass im Altersheim eine dieser liebenswerten Figuren stirbt. Das gibt dem Film eine andere Dimension. Und so ist doch das Leben: Du lässt die Puppen tanzen und denkst, alles ist holldrio, und auf einmal schlägt das Schicksal in irgendeiner Form zu.

evangelisch.de: Bringt das Älterwerden denn auch Vorteile?

Fuchsberger: Wir Alten denken nach und rennen nicht wie die Lemminge auf den Abgrund zu, sondern haben unsere Erfahrungen, das macht uns stabiler. Wir haben die meisten kritischen Situationen schon mal erlebt und dabei die Gewissheit gewonnen, dass man sehr vieles aushalten kann, ohne zu Drogen oder Alkohol zu greifen oder eine andere Dummheit zu begehen.

"Den Titel ,Die Spätzünder' finde ich diskriminierend

evangelisch.de: Wenn alles schon mal da gewesen ist: Wird das Leben dadurch nicht auch ein bisschen langweilig?

Fuchsberger: Die Dinge wiederholen sich ja nicht eins zu eins. Wem das Leben langweilig wird, der ist selber schuld.

evangelisch.de: Und offenbar kann man auch im hohen Alter noch die Liebe finden: Im Film beginnen Sie ein Techtelmechtel mit einer betagten Dame, gespielt von der wunderbaren Bibiana Zeller.

Fuchsberger: Ich war ja über viele Jahrzehnte dafür bekannt, dass ich mit meinen Filmpartnerinnen geschäkert habe, aber dass ich mit einer über 80jährigen Partnerin flirten durfte, das gab es noch nie. Ich bin stolz, dass ich bei diesem Film mitmachen durfte. Gerade in jüngster Vergangenheit hatte ich eine schwierige gesundheitliche Phase und habe gemerkt, dass es reine Glückssache ist, im richtigen Moment den richtigen Doktor zu finden, damit man überlebt. So ist es auch beim Film ein großes und leider sehr seltenes Glück, wenn wie hier ein gutes Buch mit wundervollen Kollegen und einem perfekten Regisseur zusammenkommt. Nur den Titel "Die Spätzünder" finde ich diskriminierend und unpassend. Genau darum geht es doch in dem Film: Dass die alten Leute ein Leben hinter sich haben, in dem sie etwas geleistet haben.