Kaufkraft: So steht es um die Gehälter in Deutschland

Kaufkraft: So steht es um die Gehälter in Deutschland
Jeder Angestellte freut sich über eine Gehaltserhöhung und ein paar Euro mehr in der Tasche. Doch was sich brutto ganz gut anhört, ist netto und inflationsbereinigt nicht mehr toll. Es kann sich über die Jahre trotz Bruttosteigerungen sogar zu einem realen Verlust auswachsen, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert Konsequenzen aus der für viele Bürger negativen Einkommensentwicklung. "Die Menschen benötigen mehr Geld im Portemonnaie, um konsumieren zu können. Dafür sind Lohnsteigerungen, die Eindämmung des Niedriglohnsektors, gute Branchen-Mindestlöhne sowie ein gesetzlicher Mindestlohn von zunächst 7,50 Euro unabdingbar", forderte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe).

Matecki verwies darauf, dass der jetzt beginnende "zarte Aufschwung" nicht vom Export getragen sei: "Auch deshalb brauchen wir gerade jetzt eine kräftige Binnennachfrage, um den Aufschwung zu stützen." Der Gewerkschafter reagierte damit auf einen "Gehalts-Check" des Magazins "Stern".

Das Magazin hatte in seinem jährlichen Gehaltsreport die Einkommensentwicklung von 100 Berufen verglichen – von Ärzten bis Zahntechnikern. In rund der Hälfte der Berufsgruppe sind die Einkommen zwischen 1990 und 2008 wegen der Inflation gesunken. Für den Zeitraum machten die Experten eine Gesamtinflation von 47 Prozent aus. Die größten Verluste erlitten in dem Zeitraum laut „Stern“ Ärzte. Sie mussten ein reales Minus von 50 Prozent verkraften. Dennoch sind sie mit einem Monatsbrutto 6400 Euro aber immer noch die Topverdiener. Zur Spitze aufgeschlossen haben vor allem Verwaltungsfachleute im höheren Dienst. Ihre durchschnittlichen Gehälter legten brutto von 2950 auf 5110 Euro, real gewannen sie 19 Prozent hinzu.

Schaut man auf die Hierarchien in Unternehmen, konnten vor allem Angestellte mit Führungsaufgaben ihre Gehälter steigern, netto blieben inflationsbereinigt immerhin drei Prozent mehr übrig. Verlierer sind hier Industrie- und Werkmeister, die seit 1990 zehn Prozent der Kaufkraft verloren. Auch zwischen den Generationen klafft eine große Lücke. Während über 50-jährige Beschäftigte ihre Einkommen inflationsbereinigt steigern konnten, mussten alle Jüngeren Kaufkraftverluste von vier Prozent hinnehmen.

Die zehn Topverdiener laut Gehaltsliste:

Ärzte
Monatsbrutto 2008: 6400 Euro
Monatsbrutto 1990: 8780 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: - 50 Prozent

Verwaltungsfachleute (höherer Dienst)
Monatsbrutto 2008: 5110 Euro
Monatsbrutto 1990: 2950 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: + 19 Prozent

Geschäftsführer
Monatsbrutto 2008: 4920 Euro
Monatsbrutto 1990: 3840 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: - 12 Prozent

Unternehmensberater
Monatsbrutto 2008: 4910 Euro
Monatsbrutto 1990: 3810 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: - 12 Prozent

Anwälte
Monatsbrutto 2008: 4840 Euro
Monatsbrutto 1990: 3650 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: - 9 Prozent

Makler
Monatsbrutto 2008: 4740 Euro
Monatsbrutto 1990: 2010 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: + 62 Prozent

Grafiker und Designer
Monatsbrutto 2008: 4690 Euro
Monatsbrutto 1990: 1740 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: + 85 Prozent

Hochschullehrer
Monatsbrutto 2008: 4650 Euro
Monatsbrutto 1990: 2900 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: + 10 Prozent

Bauingenieure
Monatsbrutto 2008: 4640 Euro
Monatsbrutto 1990: 2790 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: + 14 Prozent

Architekten
Monatsbrutto 2008: 4490 Euro
Monatsbrutto 1990: 2270 Euro
Veränderung inflationsbereinigt: + 36 Prozent

Der "Stern" ließ für den Gehaltscheck Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), das zum Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gehört, Untersuchungen der Hans-Böckler-Stiftung und des Statistischen Bundesamt auswerten.

Die Gewerkschaften beklagten seit langer Zeit, dass die Reallöhne seit Mitte der 90er Jahre stagnieren, die Beschäftigten also Kaufkraft eingebüßt haben, sagte das DGB-Vorstandsmitglied. Er verwies zudem auf "die Tatsache, dass insbesondere Jüngere Schwierigkeiten haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und fair entlohnt zu werden". Er verlangte deshalb, die geförderte Altersteilzeit zu verlängern: "Damit wird jüngeren Beschäftigten der Einstieg ins Berufsleben erleichtert, während die Älteren gleitend ausscheiden können."

epd/fra

Weitere Informationen: Eine umfangreiche Datenbank zu Löhnen und Gehältern hat die Hans-Böckler-Stiftung aufgebaut: www.lohnspiegel.de