Zehntausende nehmen Abschied von Robert Enke

Zehntausende nehmen Abschied von Robert Enke
Wie sehr der Suizid von Robert Enke die Menschen in Deutschland berührt hat, zeigt die Trauerfeier: Tausende Menschen haben bis zu zwei Stunden vor dem Stadion in Hannover ausgeharrt, wo am Morgen die Tore für die Trauerfeier geöffnet wurden.

Bei der Trauerfeier für Robert Enke in Hannover sind die Stadiontore geöffnet worden. Am Morgen durften die Fußballfans die Arena betreten, wo der Sarg des ehemaligen Torhüters von Hannover 96 und der Nationalmannschaft auf dem Rasen aufgebahrt ist. Die trauernden Menschen, die teilweise zwei Stunden auf den Einlass gewartet hatten, nahmen zügig, aber ohne Hektik und in angemessener Form ihre Plätze ein. Die Kapazität im Stadion ist während der Trauerfeier auf 45.000 Zuschauer begrenzt, die Polizei rechnet aber mit wesentlich mehr Trauernden. Wer keinen Platz mehr findet, kann die Zeremonie zum Andenken an den beliebten Torwart von "96" und der Nationalmannschaft auf einer Großbildleinwand vor der Arena verfolgen.

Hannover 96 hat "trotz einer inneren Lähmung" eine in der deutschen Sport-Historie einmalige Trauerfeier mit Unterstützung der Polizei innerhalb von vier Tagen organisiert. Das Stadion wird am Volkstrauertag bereits am Morgen geöffnet, der Eintritt ist frei.

"Es war der Wunsch von Teresa Enke, dass sich die vielen Fans in einem adäquaten Rahmen von Robert verabschieden können. Das wäre auf einem kleinen Friedhof nicht möglich gewesen. Mit so einem großen Echo hatten wir allerdings nicht gerechnet. Wir hoffen, dass der Rahmen dennoch würdig bleibt", erklärte 96-Pressechef Andreas Kuhnt. Nach der Trauerfeier wird Enke auf den Friedhof im Neustädter Ortsteil Empede im privaten Kreis neben seiner Tochter Lara beigesetzt. Sie war 2006 im Alter von zwei Jahren gestorben.

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Für die Trauerfeier wird der Sarg von Enke im Stadion aufgebahrt. Als Redner sind DFB-Präsident Theo Zwanziger, 96-Chef Martin Kind, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff und Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil vorgesehen. Hannovers Sportidol hatte sich am Dienstag das Leben genommen. Enke litt unter Depressionen und nach Angaben seines Vaters schon als Jugendlicher unter Versagensängsten. Robert sei so verzweifelt gewesen, dass er ihn einmal gefragt habe: "Sag mal, Papa, nimmst du mir das übel, wenn ich mit dem Fußball aufhöre? Ich sagte: Robert, das ist doch nicht das Wichtigste, um Gottes Willen", sagte der promovierte Psychotherapeut Dirk Enke aus Jena dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Nach seinen Schilderungen belastete der Tod der herzkranken Tochter vor drei Jahren Robert Enke noch mehr als bislang zu erkennen war. Auch wenn das Krankenhauspersonal dem Fußball-Profi versichert habe, dass er den Tod nicht hätte verhindern können, habe er ganz lange gebraucht, um davon loszukommen. "Da kam nochmal ein Versagenserlebnis dazu", meinte Dirk Enke.

Probleme nach tollem ersten Halbjahr

Laut Jörg Neblung, langjähriger Freund und Berater von Robert Enke, sei der achtmalige Nationalspieler "vor acht Wochen bei der Nationalmannschaft wieder in einen Strudel gekommen". Dies sei nach einem tollen ersten Halbjahr 2009 umso überraschender gewesen, erklärte Neblung in einem Interview mit der "Bild-Zeitung". "Er hatte morgens wieder ähnliche Symptome wie in Barcelona: Angst vorm Aufstehen, Versagensängste, Panik - das potenzierte sich. Dann haben wir die Therapie wieder aufgenommen", berichtete Neblung. Aber auch die Behandlung durch den Kölner Arzt Valentin Markser konnte den Suizid nicht verhindern.

Die Beerdigung soll auf Wunsch von Teresa Enke im engen Kreis von Angehörigen, Freunden und Weggefährten erfolgen. "Bei aller verständlichen Trauer appellieren wir an die Fans, diesen Wunsch zu respektieren", appellierten 96-Clubchef Kind und Hannovers Polizeipräsident Uwe Binias an alle Teilnehmer, nicht dem Trauerzug in den Raum Neustadt zu folgen. Der katholische Pfarrer Heinrich Plochg spricht während der Trauerfeier die Andacht. Er hatte die Familie Enke bereits nach dem Tod ihrer Tochter Lara betreut.

Bundestrainer Joachim Löw und die Spieler der deutschen Nationalmannschaft werden gemeinsam mit dem 96-Team dem Torhüter die letzte Ehre erweisen. Auch DFB-Teammanager Oliver Bierhoff, DFL-Präsident Reinhard Rauball, Franz Beckenbauer, Jürgen Klinsmann, Rudi Völler und ehemalige Nationalspieler wie Jens Lehmann oder Christoph Metzelder haben ihr Erscheinen angekündigt. Alle Bundesligaclubs sind mit einer Delegation vertreten. Der deutsche Meister VfL Wolfsburg reist mit dem Bus ins benachbarte Hannover. Aus dem Ausland haben sich Vertreter von Enkes früheren Clubs Benfica Lissabon und FC Barcelona angesagt. Auch Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière und der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder stehen auf der Gästeliste.

Robert war ein "Sechser im Lotto"

Der frühere 96-Trainer Ewald Lienen (derzeit 1860 München), der den Keeper 2004 nach Deutschland zurückgeholt hatte, erinnerte an Hannovers Sportidol. "Wir wussten, dass wir einen Sechser im Lotto gezogen hatten. Robert war nicht nur der beste Torwart, mit dem ich als Trainer jemals arbeiten durfte. Er war auch eine sympathische und starke Persönlichkeit. Das hat man in jedem Training und in jedem Gespräch gespürt", sagte Lienen im Gespräch mit der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".

Die "HAZ" und die "Neue Presse" aus Hannover erinnerten am Samstag in einer achtseitigen Sonderbeilage mit insgesamt 228 Todesanzeigen an Robert Enke. Mehr als 200 Fußballfans drückten in liebevollen und berührenden Kleinanzeigen ihre Trauer über den Tod des Profis aus, der unter Depressionen und Versagensängsten litt. Größere Anzeigen schalteten unter anderem Hannover 96, der DFB, die DFL, Vereine wie Werder Bremen und die örtlichen Eishockey-Clubs Hannover Scorpions und Hannover Indians sowie mehrere Wirtschaftsunternehmen aus der Region Hannover.

dpa