Minister Röttgen: Schwarz-Gelb geht auf Umweltkurs

Minister Röttgen: Schwarz-Gelb geht auf Umweltkurs
Nachhaltiges Wirtschaften als Überlebensfrage: Die schwarz-gelbe Koalition will Umwelt- und Klimaschutz zu ihrem Markenzeichen machen. Umweltminister Röttgen verglich Finanz- und Klimakrise.

Knapp vier Wochen vor dem Weltklimagipfel in Kopenhagen hat der neue Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) vor einer "Ökokrise" mit ähnlichen Folgen wie bei der derzeitigen Wirtschaftskrise gewarnt. Eine "nachhaltige Wirtschaftsordnung" sei eine Überlebensfrage und überdies wichtig für Wachstum und Jobs, sagte Röttgen am Mittwoch im Bundestag in seiner Antrittsrede als Minister.

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Zudem kündigte der neue Bundesumweltminister überraschend an, die neue Regierung werde ohne Vorbedingungen das internationale Ziel akzeptieren, die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent zu verringern. Das hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Koalition mit der SPD noch vermieden, sie war allerdings von mindestens 30 Prozent ausgegangen. Im Unterschied zur Kanzlerin äußerte sich Röttgen optimistisch hinsichtlich der Klimaschutzverhandlungen im Dezember in Kopenhagen. Es gebe "keine Alternative. Kopenhagen muss ein Erfolg werden."

Unterstützung bekam der CDU-"Vordenker" und Merkel-Vertraute vom FDP-Umweltpolitiker Michael Kauch. SPD, Linke und Grüne kritisierten dagegen die Union, weil sie neben dem Ausbau der Windkraft und anderer Öko-Energien auf Jahre hinweg an der Kohle und Atomkraft festhalten will.

Gleiche Kraft für Klimakrise aufbringen wie für Finanzkrise

Röttgen verglich Finanzmarktkrise und Ökokrise mit drohendem Klimawandel und zunehmenden Wetterkatastrophen, sofern nicht die Erderwärmung in diesem Jahrhundert auf 2 Grad begrenzt werden könne. Bei der Finanzkrise habe man "am Abgrund gestanden" und mit 500 Millionen Euro gegensteuern können. Diese Kraft müsse die Welt auch im Kampf gegen die Klimakrise aufbringen. Wenn man hier am Abgrund stehe, könne man keinen Schritt mehr zurückgehen.

Die Ökosysteme seien zu träge, um sie auf Kommando zu stoppen. "Wir müssen deshalb vorher umschalten und umsteuern." Mit Klimaschutz werde die Schöpfung gerettet. "Es geht noch weit über das hinaus, was wir verteidigt haben in der Finanzkrise." Deshalb müsse Nachhaltigkeit zum Leitfaden für die wirtschaftliche Grundordnung werden, erläuterte Röttgen. "Wir haben die Schäden von Kurzfristigkeit an den Finanzmärkten gesehen. Wir werden sie in der Umwelt sehen, wenn wir kurzfristig denken." Deutschland müsse Vorreiter bei der Ökoenergie bleiben. Auf dem Weg dorthin bis etwa 2050 seien aber auch Atom- und Kohlestrom als Brückentechnologie erforderlich.

Für die SPD erklärte Ulrich Kelber, die Koalition blockiere die Energiepolitik gerade dadurch, dass sie die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern wolle. Damit gerieten die Ziele des Ausbaus erneuerbarer Energien in Gefahr. Ähnlich äußerte sich Bärbel Höhn von den Grünen. Für die Ankündigungen Röttgens im Klimaschutz kündigte sie ihre Unterstützung an, falls die Pläne Erfolg haben sollten.

Merkel reist eventuell selbst zum Klimagipfel

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Dienstag den weltweiten Klimaschutz zur Chefsache erklärt. "Ein Misserfolg der Weltklimakonferenz in Kopenhagen würde die internationale Klimapolitik um Jahre zurückwerfen. Das können wir uns nicht leisten", sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung. Eine "substanzielle politische Einigung" sei unerlässlich, um die Voraussetzungen für internationale verbindliche Vereinbarungen für die Zeit nach 2013 zu schaffen. Sie forderte die USA, China und Indien zu mehr Anstrengungen auf.

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Merkel sagte zu, möglicherweise selbst zum Klimagipfel zu reisen. "Die EU hat klare und eindeutige Verhandlungspositionen entwickelt. Jetzt erwarten wir Beiträge von den USA und Ländern wie China und Indien", sagte Merkel. "Ich werde mich auch ganz persönlich dafür einsetzen und natürlich, wenn es Erfolg hat (...), werde ich nach Kopenhagen fahren." Sie warnte vor einem Scheitern aus finanziellen Gründen: "Niemals dürfen wir es zulassen, dass die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise eine billige Ausrede für mangelnden Schutz unserer Umwelt wird. Das wäre einer der größten Fehler."

Clinton hofft auf US-Klimaschutzgesetz bis zum Gipfel

Die USA werden ihr Klimaschutzgesetz nach Einschätzung von US- Außenministerin Hillary Clinton bis zum Klimagipfel verabschieden. Clinton sagte dem Sender MDR Info, die USA würden ein Gesetz mitbringen, dass auf Grenzen der Luftverunreinigung und auf dem Handel mit Verschmutzungsrechten basiere. "Unser Repräsentantenhaus hat es schon verabschiedet. Im Senat wird noch heftig diskutiert, aber wir gehen davon aus, dass es auch da ein fruchtbares Ergebnis geben wird", fügte die US-Außenministerin hinzu.

Der Umweltausschuss des US-Senats hatte eine Vorlage gebilligt, die eine Senkung der Treibhausgase um 20 Prozent bis 2020 sowie ein System zum Handel mit Verschmutzungsrechten vorsieht. Das Repräsentantenhaus hatte im Frühjahr eine Version gebilligt, die eine Reduzierung der Treibhausgase nur um 17 Prozent bis 2020 vorsieht.

Beim UN-Klimagipfel vom 7. bis 18. Dezember in Kopenhagen soll ein neues weltweites Klimaschutzabkommen ausgehandelt werden. Das bislang gültige Abkommen von Kyoto läuft 2012 aus.Ein Erfolg des Gipfels gilt als ungewiss

 

dpa/epd