Korrektur des Wahlergebnisses - Stichwahl in Afghanistan

Korrektur des Wahlergebnisses - Stichwahl in Afghanistan
Zwei Monate nach der von massivem Betrug überschatteten Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat Amtsinhaber Hamid Karsai eine Stichwahl für den 7. November angekündigt.

 In der zweiten Wahlrunde sollen die Afghanen zwischen Karsai und dessen Herausforderer Abdullah Abdullah entscheiden. Nach wachsendem Druck der Staatengemeinschaft akzeptierte Karsai erstmals, dass er nach Abzug gefälschter Stimmen keine absolute Mehrheit bei der Wahl am 20. August erreicht hat. Der Sprecher der Wahlkommission (IEC), Nur Mohammad Nur, sagte am Dienstag, Karsai habe die absolute Mehrheit mit 49,67 Prozent der Stimmen denkbar knapp verfehlt.

Am Mittwoch teilte die IEC dann auch das Ergebnis von Ex-Außenminister Abdullah mit: Er habe bei der Wahl vor zwei Monaten 30,59 Prozent der Stimmen gewonnen. Mit knapp 20 Prozent Vorsprung in der ersten Runde geht Karsai also als klarer Favorit in die Stichwahl.

"Aus Ungewissheit eine große Gelegenheit gemacht"

An Karsais Pressekonferenz am Dienstag, die sich um Stunden verzögerte, nahmen der UN-Sondergesandte Kai Eide und US-Senator John Kerry teil. Kerry lobte Karsai als "Staatsmann" und sagte: "Eine Zeit enormer Ungewissheit ist zu einer großen Gelegenheit gemacht geworden." Eide betonte, er erwarte eine "würdevolle Kampagne" und ein "faires Ergebnis" bei der Stichwahl. Danach müssten die afghanische Regierung und die Internationale Gemeinschaft sich zusammensetzen und besprechen, wie die gemeinsame Arbeit verbessert werden könne. "Wir können es besser machen und müssen es besser machen."

Eine Stichwahl gilt angesichts der knappen Zeit als schwierig umzusetzen. Eine Verzögerung würde aber bedeuten, dass in Teilen des Landes der bevorstehende Wintereinbruch eine Abstimmung unmöglich machen könnte. Befürchtet wird zudem, dass sich an einer zweiten Wahlrunde wegen der schlechten Sicherheitslage und der Wahlmüdigkeit noch weniger Afghanen beteiligen als an der Abstimmung im August. Damals lag die Wahlbeteiligung nach Angaben der IEC bei 38,7 Prozent. Als Alternative zu einer Stichwahl war eine Regierung der Nationalen Einheit diskutiert worden, in die Karsai das Abdullah-Lager hätte einbinden können. Gespräche zwischen den beiden Lagern führten aber zu keiner Einigung.

Krise vermieden

Karsai hatte sich bis zuletzt gegen die Bekanntgabe eines Endergebnisses gewehrt, demzufolge er keine absolute Mehrheit mehr hätte. Am Montag hatte die von den UN unterstützte Beschwerdekommission (ECC) ihre Wahlbetrugsuntersuchungen abgeschlossen und ihr Ergebnis der Wahlkommission mitgeteilt. Das war Voraussetzung dafür, dass die IEC ein um die gefälschten Stimmen bereinigtes amtliches Endergebnis verkünden darf.

Nach dem Mitte September verkündeten vorläufigen Ergebnis hatte Karsai noch 54,6 Prozent der Stimmen. Abdullah folgte mit 27,8 Prozent. Bei der Wahl war es nach UN-Angaben zu massivem Betrug gekommen. Die meisten verdächtigen Stimmen waren von EU-Wahlbeobachtern Karsai angelastet worden. Karsai hatte die Beobachter scharf kritisiert. Entscheidungen der Beschwerdekommission sind nicht anfechtbar. Dennoch war in Kabul spekuliert worden, die Wahlkommission IEC - die als parteiisch für Karsai gilt - könnte das Verfassungsgericht anrufen, sollte Karsai keine absolute Mehrheit mehr haben. Das hätte nach Einschätzung von Diplomaten zu einer schweren Krise im Land geführt.


Porträt: Abdullah Abdullah - der zweite Kandidat


Abdullah Abdullah kennt seinen Gegner im Zweikampf um das afghanische Präsidentenamt gut. Der promovierte Augenarzt war bis 2006 Außenminister im Kabinett Hamid Karsais. Wie sein Konkurrent kann auch der vermutlich 48-Jährige eine Vergangenheit im afghanischen Widerstand vorweisen. Abdullah gehörte zur Nordallianz, die den Vielvölkerstaat 2001 mit Hilfe der US-Truppen von den Taliban befreite.

Der Sohn einer Tadschikin und eines Paschtunen soll liberaler als Präsident Karsai sein. Der 1960 in der südafghanischen Provinz und späteren Taliban-Hochburg Kandahar geborene Abdullah will einen Wechsel vom Präsidial- hin zu einem parlamentarischen System. Außerdem hat er der Korruption im Land den Kampf angesagt.

Seine Popularität verdankt der Mann mit dem kurzen Bart nicht zuletzt dem Glanz eines Toten. Er war über Jahre Berater des militärischen Führers der Nordallianz, des 2001 von El Kaida ermordeten Nationalhelden Ahmad Schah Massoud. Abdullah, Vater von vier Kindern, gilt als weltgewandt. Er spricht neben den Landessprachen Paschtu und Urdu fließend Englisch.

dpa/epd