Postamt Kabul: Brücke in die Heimat

Postamt Kabul: Brücke in die Heimat
Max-Peter Michel arbeitet seit 26 Jahren bei der Deutschen Post. Ab sofort steht er dem Postamt in Kabul vor, für 19 lange Wochen, auch über die Weihnachtszeit. Und trotz Internet ist die gute alte Post noch immer die Verbindung der Soldaten in ihre Heimat. Tonnen an Post gehen bei Michel pro Woche über den Kundentresen.

Max-Peter Michel arbeitet seit 26 Jahren bei der Deutschen Post. Jeden Morgen öffnet er pünktlich seine Filiale, wiegt Pakete, klebt Briefmarken auf Umschläge und berät Kunden, bis es wieder Zeit zum Schließen ist. Das wird auch in dieser Woche nicht anders sein - nur, dass seine Dienststelle dann in Kabul statt in Oldenburg liegen wird.

Für 19 Wochen leitet der 58-Jährige aus Nordenham das Feldpostamt in einem Camp der Internationalen Schutztruppe ISAF in der afghanischen Hauptstadt. "Ich will meinen kleinen, bescheidenen Beitrag leisten", sagt Michel. "Angst habe ich nicht."

Der Postler weiß, was auf ihn zukommt. Dem Feldpostamt in Kabul steht er bereits zum zweiten Mal vor. Die Erinnerungen an seinen ersten Einsatz im vergangenen Jahr sind noch frisch. "Man macht den Schalterdienst wie in Deutschland, nach deutschen Preisen und Richtlinien - statt einer blauen Uniform trägt man halt die der Bundeswehr", beschreibt Michel seine Arbeit. Auf Internet muss er jedoch verzichten und sich stattdessen wie früher mit den Handbüchern behelfen. "Das ist eine Herausforderung, vor allem bei der Buchhaltung."

Auch so werden Michel und sein Mitarbeiter gut zu tun haben. Zu ihrem Kundenstamm gehören neben den deutschen Soldaten, der Botschaft und dem Entwicklungsdienst auch die ISAF-Kräfte anderer Nationen. Außer Deutschland besitzen nämlich nur Frankreich und die USA ein eigenes Postamt in dem Camp. Aus Erfahrung weiß Michel: Pro Woche werden drei bis vier Tonnen Briefe und Pakete aus der Heimat bei ihm eingehen, gleichzeitig wird er bis zu zweieinhalb Tonnen dorthin verschicken. "Das Aufkommen ist so groß wie das einer Kleinstadt", sagt der 58-Jährige mit leuchtenden Augen.

Post als wichtigste Verbindung

Trotz Internet und Telefon bleibt die gute alte Post für die Soldaten die wichtigste Verbindung nach Hause. Ein liebevoller Brief von der Freundin oder ein selbstgemaltes Bild von Kindern fänden viele einfach schöner als eine kurze E-Mail oder SMS, meint Michel. Außerdem sind Internet und Telefon häufig gestört. Vor allem die Pakete mit Leckereien aus der Heimat wie Schwarzbrot und Mettwurst erwarten die Soldaten sehnsüchtig. "Wie Kinder, die auf ihre Geburtstagspäckchen warten, stehen die manchmal vor mir" erzählt Michel und grinst breit unter seinem buschig-grauen Schnurrbart.

Doch Michel erinnert sich nicht nur an schöne Erlebnisse. Während seines Einsatzes gerieten zehn französische Soldaten aus dem Camp bei Kabul in einen Hinterhalt und wurden getötet. "Man hat sich beim Essen gesehen, in der Fitnessbude. Das geht unter die Haut." Trotz der zahlreichen Selbstmordanschläge in den vergangenen zwei Monaten in der Hauptstadt sieht sich Michel selbst nicht in Gefahr. "Bis auf einige Ausnahmen verlasse ich das Camp nicht. Wir Postler dürfen auch nur raus, wenn es unbedingt sein muss."

Auch wenn sich Michel auf seinen Dienst in Afghanistan freut, seine Familie wird er während der viereinhalb Monate sehr vermissen - vor allem zu Weihnachten. Als Trost will ihm seine Frau Ute, die ebenfalls bei der Post arbeitet, regelmäßig Pakete schicken. "Es gibt jede Woche eins mit Zeitungen und Kuchen", verrät sie. Und zu Weihnachten natürlich ein besonders Großes. Zum Glück gibt es ja die Post.

dpa