Papst spricht Leprapriester de Veuster heilig

Papst spricht Leprapriester de Veuster heilig
Die Ausgegrenzten bekommen einen Schutzpatron, zumindest im katholischen Verständnis: den Belgier Damian de Veuster (1840-1889). Am Sonntag hat Papst Benedikt XVI. den flämischen Priester heiliggesprochen, der sein Leben den Leprakranken gewidmet hatte.
08.10.2009
Von Christian Feldmann, epd

Papst Benedikt XVI. hat am Sonntag fünf Menschen heiliggesprochen, darunter den als "Lepra-Apostel" bekannten belgischen Priester Damian de Veuster. In einer Messe auf dem römischen Petersplatz kanonisierte Benedikt bei strahlendem Wetter den von seinem Vorgänger Johannes Paul II. im Jahr 1995 seliggesprochenen Pater Damian.

Noch mehr als 100 Jahre nach seinem Tod ist Veuster in Begien sehr populär. Im flämischen Landesteil wurde er 2005 zum "größten Belgier aller Zeiten" gewählt. Er lag damit vor dem Barockmaler Peter Paul Rubens und dem Liedermacher Jacques Brel. Die Damian-Stiftung kämpft in Veusters Namen für die Opfer von Lepra und Tuberkulose, und auch Aids-Selbsthilfeeinrichtungen berufen sich auf ihn.

Als Veuster 1873 auf der hawaiianischen Aussätzigeninsel Molokai eintraf, war er der erste Gesunde, der freiwillig beschlossen hatte, den Alltag der offenbar Todgeweihten zu teilen. Lepra galt damals als unausweichliches Schicksal. Das Lepra-Bakterium war erst ein Jahr zuvor entdeckt worden. Dass die Krankheit mit Medikamenten heilbar ist, wusste man noch nicht.

Veuster setzte bewusst sein Leben aufs Spiel, um den Ausgegrenzten beizustehen. Das sah er als seine christliche Pflicht. Und deshalb wurde er 1995 seliggesprochen und soll nun zum Heiligen werden - obwohl Veusters kantige, schroffe Persönlichkeit den Prüfinstanzen Probleme bereitet haben mag.

Lebenslust und Gutmütigkeit

Auf einem Bauernhof kam er 1840 im belgischen Dörfchen Tremelo bei Leuven zur Welt. Er sprühte vor Lebenslust und war bekannt für sein ansteckendes, dröhnendes Gelächter, aber auch für seine Gutmütigkeit. Als Veuster im Alter von 19 Jahren bei den "Arnsteiner Patres" eintrat, erwies er sich als ein etwas schwerfälliger Theologiestudent, von einer handfesten, sehr gefühlvollen Frömmigkeit. Abstrakte Glaubensprobleme interessierten ihn so wenig wie die Kultur der Weltstadt Paris, wo er sich auf die Priesterweihe vorbereitete.

Mit Begeisterung registrierte der 23-Jährige die Bitte um Unterstützung, die von der Missionsniederlassung des Ordens auf Hawaii kam. Auf der beschwerlichen Seereise nach Honolulu kletterte er in die Takelage hinauf, um in schwindelnder Höhe Glaubensgespräche mit den Matrosen zu führen. In Honolulu zum Priester geweiht, eroberte er sich geduldig und hartnäckig Stück für Stück sein Missionsgebiet.

Und dann entdeckte er die Aussätzigeninsel Molokai: Bisher war einmal im Jahr ein Priester zu Besuch gekommen. An die tausend Kranke vegetierten damals auf dieser Insel in schmutzigen Grashütten dahin, ohne ausreichende medizinische Versorgung, in katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Früher warf man die Kranken von Schiffen ins Wasser, wer schwimmen konnte und das felsige Ufer trotz der starken Brandung erreichte, hatte Glück.

Pater Damian legte Äcker und Wasserleitungen an. Er baute stabile Holzhäuser, weil es in die Grashütten hineinregnete und die Behelfsunterkünfte allzu oft vom Wintersturm umgeworfen wurden. Er hielt das Schlachthaus in Ordnung, half als Sargtischler und Totengräber aus, sorgte für saubere Kleidung, bildete die Jungen in der Landwirtschaft aus, die Mädchen im Kochen und Nähen.

Eigenbrötlerischer Bauernschädel

Sein Leben lang blieb Veuster ein eigensinniger, eigenbrötlerischer Bauernschädel. Man warf ihm Launenhaftigkeit und Selbstüberschätzung vor. Er kam mit keinem Mitbruder aus und hatte überhaupt keine Lust, sich den staatlichen Behörden gegenüber so fügsam und diplomatisch zu zeigen, wie es die vorsichtige Kirchenführung verlangte. Düsterer Galgenhumor und tiefe Depression wechselten in ihm ab.

Für die Interessen der Aussätzigen legte er sich mit sämtlichen Obrigkeiten an, kompromisslos, parteiisch. In seinem "übertriebenen Einsatz", so vermerkte sein Vorgesetzter von den "Arnsteiner Patres", kenne er kein kluges Maßhalten.

Angst vor einer Ansteckung mit Lepra hatte auch Veuster, und nach langen Jahre auf Molokai infizierte er sich tatsächlich. Aber er hatte keine Angst, die Aussätzigen zu berühren. Wichtiger als Medikamente und Therapieprogramme war in es in seinen Augen, die Gemiedenen anzufassen, die Ausgestoßenen in die Arme zu schließen - weil nur das die Schranken zwischen Menschen aufhebe und ihnen die Würde zurückgebe. Damian de Veuster verbrachte 16 Jahre an der Seite der Ausgestoßenen. Er starb im Alter von 49 Jahren am 15. April 1889 auf Molokai an den Folgen der Lepra.