TV-Tipp des Tages: "Lebe lieber italienisch!" (ZDF)

iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Lebe lieber italienisch!" (ZDF)
TV-Tipp des Tages: "Lebe lieber italienisch!", 8. Juni, 20.15 Uhr im Zweiten
Es ist über 20 Jahre her seit Paolo Sanseviero Italien und damit seiner Familie den Rücken kehrte und nach Deutschland ausgewandert ist. Ein Streit nach dem Tod des Vaters entzweite die Familie damals. Jetzt erreicht ihn die Nachricht, dass seine Mutter im Sterben liegt.

Auf den ersten Blick wirkt diese Gemeinschaftsproduktion von ZDF und RAI Fiction wie ein italienischer Film, in dem Tanja Wedhorn mitspielen darf. Auf den zweiten zeigt sich, dass dieser Eindruck völlig korrekt, aber kein Nachteil ist, weil sich das Drama auf angenehme Weise vom üblichen "Herzkino" des ZDF abhebt.

"Lebe lieber italienisch!" bestätigt zwar so gut wie alle Vorurteile, die einem spontan zu Italien einfallen, aber da abgesehen von Regisseur Olaf Kreinsen fast alle wichtigen Positionen hinter der Kamera in einheimischer Hand waren, treiben die Italiener selbst ihr Spiel mit den Klischees. Davon abgesehen ist es dem weiblichen Drehbuchduo (Cecilia Calvi, Anna Samueli) gelungen, die zunächst vorhersehbar wirkende Entwicklung der Ereignisse im weiteren Verlauf der Handlung in eine völlig andere Richtung zu verändern, so dass sich der Film erfolgreich allen Genre-Erwartungen widersetzt.

Komplexe Wahrheit

Die Geschichte beginnt mit einem Anruf: Paolo Sanseviero (Alessandro Preziosi), italienischer Professor für Robotik an einer deutschen Universität, wird von seinem Bruder Antonio (Peppino Mazzotta) über den bevorstehenden Tod der Mutter informiert. Paolo steht vor einem großen Karriereschritt, lässt aber natürlich alles stehen und liegen und reist zum ersten Mal seit zwanzig Jahren samt Gattin Martina (Wedhorn) wieder ins heimische Apulien; der gemeinsame Sohn Florian (Patrick Mölleken) kommt später nach. Im Südosten Italiens stellt sich raus, dass die Mutter (Nunzia Schiano) putzmunter ist: Antonio hat den Bruder hergelockt, weil der familieneigene Olivenbetrieb pleite ist und die Plantage verkauft werden soll; dafür braucht er Paolos Unterschrift. Der aber entdeckt die Liebe zur Heimat neu und will den maroden Hof auf Vordermann bringen. Martina ist zwar überrascht, aber weil der zuletzt auf seine Arbeit fixierte Gatte ganz neue Seiten offenbart, lässt sie ihn gewähren.

Bis hierhin ist "Lebe lieber italienisch!" der übliche Sonntagsfilm, zumal selbstredend auch noch eine rassige Jugendliebe (Karin Proia) auftaucht, und als ihre nicht minder attraktive Tochter Maria (Chiara Paoli) irgendwann mit Florian flirtet, fürchtet Paolo prompt eine verbotene Liebe. Aber was anderswo mindestens ein Hauptstrang der Erzählung geworden wäre, wird hier alsbald zur Fußnote, denn ein anderes Ereignis aus der Vergangenheit wird viel wichtiger. Paolo hat seine Heimat einst einem traumatischen Erlebnis fluchtartig verlassen: Er musste damals mit ansehen, wie der Wagen seines Vaters ein Brückengeländer durchbrach und in die Tiefe stürzte; kurz zuvor hatten die beiden einen heftigen Streit. Aber die ganze Wahrheit ist viel komplexer.

Kreinsen, dank diverser Serienstaffeln ("Die Motorrad-Cops", "Die Familienanwältin", "Soko Kitzbühel") ausgesprochen erfahren, ist kein typischer Sonntagsfilmregisseur; seine Arbeiten für die sogenannten frauenaffinen Sendeplätze ("Die Dienstagsfrauen") fallen gern mal aus dem Raster. Er inszeniert "Lebe lieber italienisch!" zwar nicht auffallend ungewöhnlich, verzichtet aber mit Ausnahme der Prologbilder zum Beispiel auf die üblichen Landschaftsschwelgereien. Gerade die ausnahmslos interessant besetzten (und zudem glaubwürdig synchronisierten) einheimischen Darsteller sind gut geführt; Alessandro Preziosi muss zwar zu oft seine Brille zurecht rücken, ist aber ein charismatischer Typ. Sehenswert ist der Film jedoch vor allem wegen der facettenreichen Handlung, die sich dank der vielen überraschenden Wendungen vom Ehedrama zur Liebesgeschichte wandelt und schließlich sogar Züge eines Krimis annimmt, als sich rausstellt, dass Paolos Vater ermordet worden ist.