Feierlicher Doppelschritt: Taufe + Konfirmation

Foto: epd-bild/Jens Schulze
Feierlicher Doppelschritt: Taufe + Konfirmation
Immer mehr Jugendliche lassen sich vor der Konfirmation taufen
Rund 250.000 Jugendliche lassen sich in Deutschland in diesem Frühjahr in der evangelischen Kirche konfirmieren. Immer mehr von ihnen holen dabei ihre Taufe nach, auf die ihre Eltern früher verzichtet haben.
04.05.2014
epd
Michael Grau

Für Tammo Constapel (14) aus Hannover ist das Frühjahr diesmal besonders feierlich. Mitte Mai wird ihn der evangelische Pastor konfirmieren. Und erst kurz vor Ostern hat er sich taufen lassen - denn das ist die Voraussetzung, um konfirmiert zu werden. Festlich war es, mit Taufkerze, Segensspruch und Wasser aus der Taufschale. "Ich finde es schön, zu einer Religion einfach dazuzugehören und etwas zu haben, an das man glauben kann", sagt Tammo. Und natürlich freut er sich schon auf das große Familienfest und die Geschenke zur Konfirmation.

Mit seinem Doppelschritt liegt Tammo im Trend. Besonders in den Städten zieht die Konfirmation zunehmend auch Jugendliche an, die nicht wie üblich als Kind getauft wurden. "Meine Eltern haben gesagt, ich soll das mal selbst entscheiden", erzählt Tammo, der über seinen Schulfreund Max zur Konfirmandengruppe stieß.

"Für die meisten ist es die erste intensive Begegnung mit der Kirche"

Bundesweit lassen sich in diesen Wochen rund 250.000 Jugendliche konfirmieren. In einigen Stadtteilen werde inzwischen ein Viertel der Konfirmanden oder mehr erst im Laufe der Unterrichtszeit getauft, berichtet Kirchenrat Marc Wischnowsky von der hannoverschen Landeskirche.

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"Für die Kirchen ist das eine große Chance", betont der Göttinger Theologie-Professor Jan Hermelink auch mit Blick auf Säkularisierung und Traditionsabbrüche. Junge Leute könnten so mit dem kirchlichen Leben bekanntgemacht werden - Gemeinden in Ostdeutschland hätten schon reichlich Erfahrung damit gesammelt. Damit dies gelinge, müsse die Konfirmandenzeit allerdings attraktiv sein: mit erlebnisorientiertem Unterricht, Fahrten und möglichst einem Team von Mitarbeitern.

Pastor Peter-Gottfried Schmidt (64) beobachtet seit zehn bis 15 Jahren, dass auch in Hannover immer mehr ungetaufte Jugendliche konfirmiert werden möchten. Im jüngsten Jahrgang waren es zwei von 20, unter ihnen Tammo. In der Regel kämen sie aus kirchennahen Elternhäusern, die dennoch auf eine Kindertaufe verzichtet hätten. Tammos Eltern etwa sind beide nicht Mitglied der Kirche, singen aber in einem Kirchenchor.

Schmidt schreibt jedes Jahr einen ganzen Jahrgang Jugendlicher an, um sie zur Konfirmation einzuladen - Getaufte wie Nicht-Getaufte. "Das spricht sich unter den jungen Leuten herum." Neben dem Ritual spielten auch Geld und Geschenke nach wie vor eine Rolle. Für den Unterricht selbst sei es egal, ob ein Jugendlicher getauft sei oder nicht: "Für die meisten ist es die erste intensive Begegnung mit der Kirche."

Umstrittene Kindertaufe

Historisch betrachtet spiegelt sich in dem neuen Trend der Ursprung der Konfirmation, die erstmals 1539 in Hessen eingeführt wurde. Denn in der Reformationszeit lehnte die Bewegung der Täufer die Kindertaufe strikt ab. Getauft werden könne nur, wer zuvor glaubt, argumentierten sie. Ein Säugling sei dazu nicht in der Lage. Der Reformator Martin Bucer fand schließlich einen Kompromiss mit den Täufern, indem er die Konfirmation erfand: Kindertaufe ja, aber nur wenn die Jugendlichen später im Glauben unterrichtet werden und ihre Taufe bestätigen.

Die evangelischen Landeskirchen halten die Kindertaufe weiterhin für wichtig, denn nur sie gewährleiste, dass Heranwachsende überhaupt in Kontakt mit dem christlichen Glauben kommen. Tammos Eltern dagegen sehen sie kritisch: "Wenn die Kinder noch ein Baby sind, können sie sich ja nicht wehren", meint Mutter Britta Constapel (47). "Aber wenn sie etwas darüber wissen, können sie das später selbst entscheiden." Tammos Taufe vor Ostern war für sie und die ganze Familie ein bewegendes Ereignis: "Ich freue mich, dass er das gemacht hat. Aber wenn er gesagt hätte, ich will das nicht, hätte ich es auch akzeptiert."