Der Netz-Weber: Braunschweigs Landesbischof geht in Rente

Friedrich Weber
Foto: epd-bild/Susanne Hübner
Will sich im Ruhestand dem Segeln, seiner Bibliothek und dem Schmökern in Asterix-Heften widmen: Landesbischof Friedrich Weber.
Der Netz-Weber: Braunschweigs Landesbischof geht in Rente
Friedrich Weber (65) ist immer im Team gesegelt. Häufig hat der evangelische Bischof, der sämtliche Bootsführerscheine besitzt, auch Politiker oder Unternehmer für Projekte gegen Armut und für mehr Bildung mit an Bord genommen. "Wichtige Sachen kriegt man einfach nicht alleine hin", sagt er. Weber, Landesbischof in Braunschweig, mache seinem Namen alle Ehre, würdigte einst ein katholischer Bischof den Ökumene-Experten: Er "webe" Netze. Im Ruhestand wird er ganz andere Netze zu sehen kriegen: Weber will sich im Fischerdorf Greetsiel zur Ruhe setzen.
26.04.2014
epd
Charlotte Morgenthal

Am 26. April wird Weber mit einem Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet. Ihn zieht es zurück an die Nordseeküste. Schon als junger Vikar und Pastor im ostfriesischen Küstenort Greetsiel knüpfte Weber Verbindungen. "Irgendwie habe ich begriffen, dass man in diesem Dorf nur Gemeindepfarrer sein kann, wenn man mit den Vereinen, mit der Schule und dem Fremdenverkehr arbeitet." So wurde er Vorsitzender der Kurbetriebe mit Schwimmbad und Café.

Bekannt wurde Weber auch wegen der Bande, die er zur katholischen Kirche knüpfte. Von 2005 bis 2014 war er Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Sechs Jahre lang stand er zudem an der Spitze der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, der 17 Kirchen, darunter die römisch-katholische angehören.

Blicke über den kirchlichen Tellerrand

Seit 2007 sitzt Weber im Kontaktgesprächskreis von Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD) und katholischer Deutscher Bischofskonferenz. Mit dem ehemaligen Regensburger Bischof und neuen Präfekten der römischen Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, ist Weber befreundet. "Weber war immer am Puls des Dialogs mit der römisch-katholischen Kirche", würdigt ihn der Leitende lutherische Bischof Gerhard Ulrich.

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In diesem Dialog findet der Theologe bei kontroversen Themen wie Abendmahl, Amts- und Kirchenverständnis klare Worte. "Wir sind an der Basis wesentlich weiter, als die katholische Kirche oben wahrnehmen will." Ein Beispiel dafür sei das oft schon gemeinsam gefeierte Abendmahl für Eheleute unterschiedlicher Konfessionen.

Der im hessischen Wetzlar geborene Theologe hat gerne über den eigenen kirchlichen Tellerrand geblickt. Seit 2009 ist er Co-Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses der EKD und der anglikanischen Kirche von England (Meißen-Kommission). Im vergangenen Jahr wurde er in Florenz zum geschäftsführenden Präsidenten der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) gewählt.

Nach dem Abitur studierte Weber in Wuppertal, Göttingen und Oldenburg Theologie, Geschichte und Pädagogik. An der Universität Frankfurt promovierte er in Kirchengeschichte. 1975 wurde der Theologe, der mit einer Ostfriesin verheiratet ist, in Greetsiel auf das reformierte Bekenntnis ordiniert. 1984 wechselte Weber an die Katharinenkirche im rheinhessischen Oppenheim, wo er zugleich Dekan war. Als Propst (Regionalbischof) von Süd-Nassau mit Sitz in Wiesbaden gehörte Weber ab 1991 der Leitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau an.

"Das Maß der kirchlichen Selbstbeschäftigung ist zu hoch"

2002 wurde er Bischof der braunschweigischen Landeskirche und blieb auch dort seinem Namen treu. Rund 105 Besuche bei Pastoren, Politikern und Unternehmen absolvierte Weber in den ersten drei Monaten in den Dörfern zwischen dem Südharz und Wolfsburg. "Diese Kontakte sind bis heute tragfähig", sagt er. Die Tagungen der Kirchenparlamente wird er hingegen nicht vermissen. Zusammengerechnet habe er ein ganzes Lebensjahr in Synoden verbracht. Die ausführlichen Diskussionen über kirchliche Strukturen hätten ihn dabei immer geärgert, sagt er. "Das Maß der kirchlichen Selbstbeschäftigung ist zu hoch." Themen wie Bildungsverlust, Migration, Umwelt oder Armut seien dabei oft unter den Tisch gefallen.

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Im Ruhestand will der segelbegeisterte Theologe sich körperlich und geistig fit halten. Gemeinsam mit seiner Frau Bielda wird er wieder nach Greetsiel in ein neues Haus mit "Mucki-Bude" und Bibliothek ziehen. Dort will der seit 2004 an der Technischen Universität Braunschweig lehrende Professor weiter über Kirchengeschichte forschen.

Neben Touren mit dem Boot und dem Fahrrad will Weber viel lesen. Mit dem nächsten Lesestoff erfüllt er sich einen Jugendtraum, sagt er schmunzelnd. Der zweifache Vater und Großvater von drei Enkeln will endlich in allen 34 Bänden der Asterix-Comics schmökern: "Da sind so schöne Sprüche drin, die man in einer Kirche ja nicht laut sagen darf."