Ein Jahr Franziskus: Menschlichkeit statt Macht

Foto: dpa/Ettore Ferrari
Väterliches Lächeln, entspannter Blick: Papst Franziskus bei einem öffentlichen Termin Ende Mai vergangenen Jahres. Die Generalaudienzen, Mittagsgebete und Messen im Vatikan haben sich zu Publikumsmagneten entwickelt: Von März bis Dezember vergangenen Jahres nahmen rund 6,6 Millionen Menschen teil.
Ein Jahr Franziskus: Menschlichkeit statt Macht
Der argentinische Papst hat in der katholischen Kirche Hoffnungen geweckt, die es nun einzulösen gilt
Vor genau einem Jahr wurde der Argentinier Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt. Seither geht ein frischer Wind durch die katholische Kirche. Der neue Pontifex hat einen Sprach- und Stilwandel bewirkt und viele Zeichen gesetzt. Doch stehen die Zeichen wirklich auf Veränderung? Viele Christen hoffen auf mutige Entscheidungen aus dem Vatikan, auch und gerade in der Ökumene.

Weißer Rauch steigt am frühen Abend des 13. März 2013 an der Sixtinischen Kapelle auf: Ein neuer Papst ist gewählt. Wenig später, genau um 20.22 Uhr, betritt Jorge Mario Bergoglio die Loggia des Petersdoms – und sorgt in den folgenden knapp zwölf Minuten für magische Momente. "Liebe Schwestern und Brüder, guten Abend", sagt der Argentinier schlicht. Die Herren Kardinäle seien bei der Suche nach einem neuen Bischof von Rom scheinbar "am anderen Ende der Welt" fündig geworden. Der neue Papst dankt seinem Vorgänger Benedikt XVI., ein Vaterunser wird gebetet. "Und nun beginnen wir diesen Weg", so der Mann, der sich Franziskus nennt. "Einen Weg der Liebe, der Geschwisterlichkeit, des Vertrauens."

###mehr-artikel###Der Papst bittet um das Gebet der Gläubigen auf dem Petersplatz – und verneigt sich dabei vor ihnen. Eine unerhörte Geste. "Gute Nacht und gute Erholung", sagt er noch. An der Brust des neuen Pontifex baumelt nicht das goldene Papstkreuz, sondern weiterhin sein silbernes Bischofskreuz. In einer schlichten weißen Soutane war Bergoglio vor der Weltöffentlichkeit erschienen, ohne die Mozzetta, den vornehmen roten Schulterumhang. Dem verdutzten Zeremoniar Guido Marini hatte er erklärt, da war er gerade fünf Minuten Papst: "Das Zeug können Sie selbst anziehen, der Karneval ist vorüber." Und das, nachdem sein deutscher Vorgänger ausgerechnet am Rosenmontag seinen Rücktritt erklärt hatte.

Erster Argentinier, erster Jesuit

Damit begann die bisher durchaus erstaunliche und überraschende Amtszeit von Papst Franziskus. An Superlativen war von vornherein kein Mangel: Er ist der erste Argentinier und der erste Jesuit auf dem Stuhl Petri. Und der erste Nichteuropäer seit dem Syrer Gregor III. (731-741) obendrein. Einige Kardinäle dürften die Wahl indes als Déjà-vu erlebt haben - Bergoglio war bereits beim Konklave 2005 der Hauptkonkurrent von Joseph Ratzinger, der dann die Wahl gewann. Diesmal jedoch wurden andere als "papabile" gesehen, vor allem der Mailänder Kardinal Angelo Scola, der Brasilianer Odilo Scherer und Marc Ouellet aus Kanada. Der Argentinier gehörte allenfalls zum erweiterten Favoritenkreis. Genannt wurde er übrigens unter anderem auf einer Liste mit 19 Papstkandidaten, die in der Woche vor der Entscheidung auf evangelisch.de erschien.

Franziskus, winkend: Ein Foto vom Abend der Wahl, das rasch zur Ikone wurde, ziert das Cover des Papstbuches von Stefan von Kempis, Redakteur bei der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan.

Am 12. März 2013 wurde das mit großer Spannung erwartete Konklave eröffnet. Die 115 Wahlmänner im Kardinalsrang sind bei Strafandrohung zum Stillschweigen über den Verlauf verpflichtet – gleichwohl sickerte später einiges über den Verlauf durch. Scola soll mehrere Wahlgänge lang in Führung gelegen haben, allerdings erhielt er wohl weniger als die zuvor erwarteten 40 bis 50 Stimmen. Bergoglio fand schon in der ersten Runde etwa 25 Unterstützer, deren Zahl sich stetig mehrte. Eine Koalition aus den US-Kardinälen sowie hohen Würdenträgern der Kurie, darunter Ökumenechef Walter Kasper und dann auch Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, stellte sich hinter den Argentinier. Das Scola-Lager zerbrach. Der Mailänder zog seine Bewerbung nach dem vierten Wahlgang zurück, der Weg für Bergoglio war frei.

Im fünften Wahlgang fiel die Entscheidung. Die argentinische Journalistin Elisabetta Piqué von der Zeitung "La Nacion" behauptet in einem Buch, das Votum habe wiederholt werden müssen, da beim ersten Mal 116 Stimmzettel in der Urne lagen – einer mehr als die Zahl der Wähler. Die Zettel seien daraufhin ohne Auszählung verbrannt worden. Bei der Wiederholung errang der bisherige Kardinal aus Buenos Aires mehr als 90 Stimmen und übersprang damit die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Im Augenblick der Entscheidung umarmte der brasilianische Kurienkardinal Claudio Hummes seinen Freund Bergoglio und sagte zu ihm: "Vergiss die Armen nicht!" Das brachte den neuen Papst dazu, sich nach Franz von Assisi zu nennen. "Er ist für mich der Mann der Armut, der Mann des Friedens, der Mann, der die Schöpfung liebt und bewahrt", äußerte er später.

Franziskus wäscht einem jungen Strafgefangenen im römischen "Casal del Marmo" die Füße.

Fußwaschung im Jugendknast

Beeindruckten schon die Minuten auf der Loggia, lösten die folgenden Tage eine förmliche Welle der Papstbegeisterung aus. Franziskus überzeugte durch Gesten: Er fuhr Bus statt Limousine, bezahlte seine Zimmerrechnung aus den Tagen vor dem Konklave selbst, plauderte ungezwungen mit Jugendgruppen in römischen Kirchen, räumte den vatikanischen Pomp zur Seite. Anstatt in den päpstlichen Palast rechts vom Petersdom zu ziehen, blieb er einfach im vatikanischen Gästehaus Santa Marta wohnen, wo die Kardinäle in der Konklavezeit unterkamen. Noch heute logiert er dort - und holt sich beim Essen seine Mahlzeiten eigenhändig an der Theke ab. Die Menschen nahm er von vornherein durch Offenheit und Herzlichkeit für sich ein, wie ein Landpastor stellte er sich nach der Messe an die Kirchentür und schüttelte den Besuchern die Hand. Die mit Spannung erwartete Begegnung mit seinem Vorgänger Benedikt XVI. verlief herzlich und unkompliziert.

Zwar hatte sich Bergoglio in den Wochen nach seiner Wahl auch seiner Vergangenheit als Leiter der argentinischen Jesuiten zu stellen. In dieser Funktion soll er in den 1970er Jahren zu eng mit dem damaligen Militärregime zusammengearbeitet und Mitbrüder im Stich gelassen haben. Die Vorwürfe konnten entkräftet werden. Doch vor allem erschien Franziskus als ein Gegenbild zum Theologenpapst Ratzinger, der vergeistigt und unnahbar wirkte: Ein naher, hörender, einfühlsamer Seelsorger saß nun auf dem Stuhl Petri. Am Gründonnerstag 2013 ging Franziskus in ein Gefängnis, um jungen Straftätern die Füße zu waschen. Seine erste, spontane Reise führte den Papst im Juli auf die italienische Insel Lampedusa, wo er mit gestrandeten Afrikanern betete und die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Flüchtlinge anprangerte.

###mehr-info###Auch innerkirchlich ließ es Franziskus nicht an klaren Worten fehlen - immer wieder warnt er vor allem vor einem weiteren Verlust der Glaubenssubstanz. Ohne die Verkündigung Jesu "werden wir eine fromme Nichtregierungs-Organisation", äußerte er gleich nach seiner Wahl. Die Kirche sei aufgerufen, "aus sich selbst heraus und an die Ränder zu gehen", hatte er bereits im Vorkonklave gesagt – mit seinen damaligen Worten hatte er die Aufmerksamkeit vieler Kardinäle auf sich gezogen. "Nicht nur an die geografischen Ränder, sondern an die Grenzen der menschlichen Existenz: die des Mysteriums der Sünde, die des Schmerzes, die der Ungerechtigkeit, die der Ignoranz, die der fehlenden religiösen Praxis, die des Denkens, die jeglichen Elends."

Politisch und lehramtlich unkorrekt

Der Papst will eine "arme Kirche für die Armen", die Hirten müssten den "Geruch der Schafe" annehmen. Bildstark sind auch die Predigten, die er bei der Morgenmesse in Santa Marta vor Müllmännern, Reinigungsfrauen und anderen Vatikanangestellten hält. Da sagt er Sachen jenseits aller politischer oder lehramtlicher Korrektheit, etwa "Jesus trifft man nicht in der Ersten Klasse", oder: Maria sei eine liebende Mutter und keine "Oberpostbeamtin, die uns täglich Botschaften schickt". Die frei gehaltenen Ansprachen werden in der offiziösen Vatikanzeitung "Osservatore Romano" lediglich in geglätteten Fassungen abgedruckt. Die Fähigkeit, mit wenigen Worten viel zu sagen, hatte Bergoglio übrigens schon immer. Ein orthodoxer Geistlicher, der ihm in Buenos Aires nahe war, berichtet, oft habe er nur fünf oder sechs Sätze gepredigt - die aber hätten es in sich gehabt.

Premiere für den Papst: Franziskus ziert als erstes katholisches Kirchenoberhaupt den Titel des US-Kultmagazins "Rolling Stone". Das Heft erschien am 13. Februar 2014.

Auch seinen Ruf als oberster Telefonseelsorger der Kirche hat sich Franziskus redlich verdient. "Guten Tag, hier spricht der Papst", damit hatte er schon in seinen ersten Amtstagen vielen Menschen Schweißausbrüche verschafft. Kaum ein paar Tage im Amt, rief er bei einem Kioskbesitzer in Buenos Aires an, um mit Bedauern sein Zeitungsabo abzubestellen. Gerne greift er spontan zum Hörer, ruft Freunde oder bei Institutionen an, aber auch etwa ein Vergewaltigungsopfer in Argentinien oder jeden Monat eine Frau, die um ihren Sohn trauert. "Ich mache den Pfarrer. Das gefällt mir", sagt Franziskus knapp dazu. Zugleich wehrt er sich gegen den Starkult, der um ihn herum betrieben wird. Den Papst als Superman zu sehen, "scheint mir beleidigend", sagte er jüngst in einem Interview des "Corriere della Sera". Er wehrt sich auch gegen manche Geschichten, die ihm angedichtet werden – etwa dass er nachts aus dem Vatikan gehe, um Obdachlosen zu essen zu bringen. "Das ist mir nie in den Sinn gekommen."

Dass der Papst beliebt ist, lässt sich auch an den Besucherzahlen auf dem Petersplatz und im Vatikan ablesen. Mehr als sechseinhalb Millionen Menschen nahmen im vergangenen Jahr an öffentlichen Begegnungen mit dem Papst teil – die Auslandsreisen wie zum Weltjugendtag in Brasilien, wo weitere Millionen ihn bejubelten, nicht mitgerechnet. Die Angaben beruhen auf Zahlen der verteilten Eintrittskarten und Schätzungen bei den wöchentlichen Generalaudienzen, den Mittagsgebeten jeden Sonntag sowie den Papstmessen im Petersdom. Das US-Magazin "Time" kürte Franziskus zum Menschen des Jahres 2013, vor einigen Wochen schaffte er es sogar als erster Papst auf den Titel des Kultmagazins "Rolling Stone".

Biografien und ein Gesprächsband

Wer sich im übrigen zwischen Buchdeckeln über den Pontifex vom "anderen Ende der Welt" informieren will, kann auf eine ganze Reihe von Publikationen zurückgreifen. Schon kurz nach der Wahl hatte etwa das deutschsprachige Publikum die Wahl zwischen etlichen Titeln. So legten der ZDF-Journalist Jürgen Erbacher sowie die Radio-Vatikan-Redakteure Stefan von Kempis und Mario Galgano mehr oder weniger ausführliche Lebensbeschreibungen vor. Wer den Menschen Jorge Mario Bergoglio besser kennenlernen will, kann darauf ebenso zurückgreifen wie auf den Band "Mein Leben, mein Weg", der Gespräche des damaligen Kardinals mit  Sergio Rubin und Francesca Ambrogetti enthält. Der Band, der bereits vor einigen Jahren im spanischen Original unter dem Titel "El Jesuita" erschien, hat den Vorteil, frei von jeglicher Papstseligkeit zu sein.

Michaela Pilters

Nicht nur beim Kirchenvolk, auch bei Fachleuten kommt der seit genau zwölf Monaten amtierende Pontifex gut an. "Er hat unglaublich viel frischen Wind in die katholische Kirche gebracht", sagt etwa Michaela Pilters, Leiterin der ZDF-Redaktion "Kirche und Leben", im Gespräch mit evangelisch.de. Die Theologin spürt positive Unruhe in der katholischen Kirche. Der Papst habe viele Hoffnungen bei fortschrittlichen Kräften geweckt – und Ängste bei jenen, denen das Beharrungsvermögen wichtig sei. Sie sehe "viele Zeichen, aber noch wenige Taten", so Pilters. Gerade in Deutschland gebe es große Erwartungen, etwa bei der Kommunionzulassung für wiederverheiratete Geschiedene. An rasche Veränderungen glaubt die ZDF-Fachfrau hingegen nicht.

Ulrich Ruh

Ulrich Ruh, Chefredakteur der "Herder Korrespondenz", zeigt sich "beeindruckt von der Konsequenz, die in diesem Pontifikat steckt". Es gebe darin zwar keinen direkten Höhepunkt, "aber einen neuen Stil". Bei allem, was der Papst tue, gehe er "ruhig und bedächtig" vor. Vor allem die Bestellung der achtköpfigen Kardinalsrunde, die die Reform der Vatikanstrukturen vorantreiben soll, sowie die Einberufung der Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie im Oktober 2014 seien "zwei starke strukturelle Akzente", so Ruh zu evangelisch.de. Mit der Neuaufstellung im Vatikan lässt sich der Papst Zeit, fast die Hälfte der Leitungsposten ist bislang nur provisorisch besetzt. Doch Franziskus setzt auch hier Zeichen: Vier der fünf Kardinäle, die über die Vatikanbank wachen, wurden ersetzt. Und der erzkonservative US-Kurienkardinal Raymond Leo Burke ist aus der Bischofskongregation entfernt worden.

"Mir ist eine verbeulte Kirche lieber"

Aufsehen erregte Franziskus vor allem mit dem apostolischen Schreiben "Evangelii Gaudium", das im November 2013 erschien. Darin sei genau nachzulesen, wie der neue Papst denke "und wo er hinmöchte", sagt Michaela Pilters. Er zeichnet darin das Bild einer Kirche im Aufbruch, die ohne Angst vor Veränderungen in die Zukunft geht. Er wirbt für Dezentralisierung, also eine Stärkung der Ortskirchen, und wettert gegen Prunk und "ausufernden Klerikalismus". Die Hinwendung zu Menschen in Not sei die grundlegende Pflicht jedes Christen: "Mir ist eine verbeulte Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit (…) krank ist." Scharf wendet sich der Pontifex zugleich gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem, dass das Geld an Stelle des Menschen in den Mittelpunkt stelle.

###mehr-links###Zu den strittigen theologischen Fragen äußert sich das Kirchenoberhaupt in dem Text nur indirekt. Bergoglio gilt als konservativ, die gleichgeschlechtliche Ehe in Argentinien lehnte er stets mit scharfen Worten ab. Als Papst sagte er zum Thema Homosexualität: "Wenn jemand Gott mit gutem Willen sucht, wer bin ich, dass ich urteile?" Im Zusammenhang mit der Ehelosigkeit für Priester heißt es in "Evangelii Gaudium" überraschend offen, man dürfe keine Angst haben, Dinge anzugehen, die zwar historisch gewachsen seien, aber nicht direkt mit dem Evangelium zusammenhingen. Das Pflichtzölibat ist eine Erfindung des 11. Jahrhunderts und könnte vom Papst mit einem Federstrich abgeschafft werden. Er würde das Thema wohl angehen, müsste er nicht einen Riss durch die katholische Kirche fürchten.

EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider (links) und Papst Franziskus bei ihrer Begegnung am 8. April 2013 im Vatikan.

Gleiches gilt im Streit um die Kommunionzulassung für wiederverheiratete Geschiedene. "Auch die Türen der Sakramente dürfen nicht aus irgendeinem beliebigen Grund geschlossen werden", mahnte Franziskus. Die Eucharistie sei "nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen". Die Bischofssynode vom 5. bis 19. Oktober wird sich vor allem mit diesem Thema befassen. Im vatikanischen Vorbereitungsdokument werden nachdenkliche Töne angeschlagen. Jüngst hat sich Kurienkardinal Kasper für Veränderungen in dieser Frage ausgesprochen. Darauf angesprochen, äußerte sich der Papst diplomatisch: "Wir müssen eine Antwort darauf geben. Aber darüber müssen wir tief nachdenken."

Tipp für 2017: Reise nach Wittenberg und Konstanz

Und die Ökumene? Im konfessionellen Miteinander ist seit Jahrzehnten das Bohren dicker Bretter angesagt, Probleme wie das Amtsverständnis oder das Abendmahl liegen unerledigt auf dem Tisch. Durch den Wechsel an der katholischen Kirchenspitze haben sich bisher allenfalls atmosphärische Änderungen ergeben. Schon drei Wochen nach seiner Wahl traf sich Franziskus mit EKD-Ratschef Nikolaus Schneider. Der Termin war aber bereits mit Benedikt XVI. vereinbart gewesen. Der Argentinier, sagte Schneider danach, sein "ein Papst, der bereit ist Fenster und Türen zu öffnen, um neue Wege zu gehen." Vor kurzem überraschte Franziskus mit einer längeren Videobotschaft an eine Pfingstler-Konferenz, in der der die Sehnsucht nach Einheit aller Christen zum Ausdruck bringt.

Michaela Pilters verweist darauf, dass sich Franziskus auch in "Evangelii Gaudium" für die Einheit des Gottesvolkes stark mache. "Dennoch habe ich nicht das Gefühl, dass die Ökumene bei ihm Priorität hat." Für entsprechend unwahrscheinlich hält Pilters eine baldige Papstreise nach Deutschland, ins Land der Reformation. Doch wer sollte die gespaltene Christenheit nicht zu kühnen Träumen verleiten, wenn nicht Franziskus selbst? In dreieinhalb Jahren, am 31. Oktober 2017, feiern die evangelischen Kirchen den 500. Jahrestag der Reformation. Nikolaus Schneider hat den Papst dazu ausdrücklich eingeladen. Wenige Tage später steht ein weiterer wichtiger Gedenktag bevor: Am 11. November 2017 jährt sich zum 600. Mal die Wahl von Martin V. in Konstanz - er war der einzige Papst der Geschichte, der durch ein Konzil gewählt wurde. Grundlage war das Konzilsdekret "Haec Sancta", durch das sich seither alle Päpste legitimieren. Auch Franziskus. Ein Deutschlandbesuch mit Stationen in Wittenberg und Konstanz - warum nicht?