Stromfasten: Noch so viele Einsparmöglichkeiten

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Stromfasten: Noch so viele Einsparmöglichkeiten
Fastenzeit einmal anders: Nahe Hannover wird ab Aschermittwoch auf Strom verzichtet. Natürlich nicht komplett: Es geht um überflüssige Stromfresser und einen bewussten Umgang mit der Energie. Am Anfang steht ein kritischer Gang durchs Haus.
05.03.2014
epd
Joachim Göres

"An unseren zweiten Fernseher habe ich überhaupt nicht mehr gedacht, weil wir ihn schon seit Jahren nicht mehr nutzen", sagt Monika Preuß und zieht den Stecker, damit er nicht weiter im Stand-by-Betrieb läuft. Die 56-Jährige ist erstaunt, wo in ihrem Haushalt überall Strom verbraucht wird. Sie beteiligt sich ab Aschermittwoch an der Aktion "Stromfasten", die seit 2009 von der Klimaschutzagentur Region Hannover in Zusammenarbeit mit einem evangelischen Kirchenkreis angeboten wird.

Es ist eine alte Glaubenstradition, in der Zeit vor Ostern zu fasten und Verzicht zu üben. Beim "Stromfasten" geht es um den bewussten Umgang mit dem alltäglichen Stromverbrauch - und damit auch um Energieeffizienz und Klimaschutz. In den vergangenen Jahren haben die Teilnehmer dabei ihren Stromverbrauch um etwa 20 Prozent senken können. Bevor am Aschermittwoch die Fastenzeit beginnt, hilft Beraterin Christine Pfülb Familie Preuß, die Schwachstellen in ihrem Einfamilienhaus in Isernhagen bei Hannover aufzuspüren.

Schaltsteckdose statt Stand-by

Der Deckenfluter im Wohnzimmer ist jeden Tag im Schnitt drei Stunden in Betrieb - derzeit ist er mit einem 200-Watt-Glühstab ausgerüstet. Mit etwas weniger Leistung könnten im Jahr rund 200 Kilowattstunden und damit rund 50 Euro eingespart werden. "Und das Licht würde sich optimal verteilen, wenn die Decke weiß und nicht wie jetzt vertäfelt wäre", sagt Pfülb. Für die Strahler an der Küchendecke empfiehlt sie LED-Beleuchtung.

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Stereoanlage, Fernseher und Computer verbrauchen im Bereitschaftsmodus rund um die Uhr Strom, auch wenn sie ausgeschaltet sind - eine schaltbare Steckerleiste könnte das ändern.

"Schauen Sie noch mal hier", sagt Monika Preuß und zeigt auf den Gefrierschrank. Die Schubladen bekommt man nur mit Kraftanstrengung aufgezogen, denn er ist stark vereist. Pfülb legt ein Thermometer in ein Gefrierfach und misst minus 25 Grad. "Minus 18 Grad reichen vollkommen, jedes zusätzliche Grad erhöht den Stromverbrauch um sechs Prozent. Tauen Sie das Gerät unbedingt ab und stellen Sie es neu ein", lautet ihr Ratschlag. "Der Apparat ist mindestens 30 Jahre alt, wir kaufen uns am besten einen neuen Gefrierschrank", entscheidet Friedhelm Preuß. Pfülb empfiehlt ein Modell der höchsten Energieeffizienzklasse A+++.

Dann überprüft sie, auf welche Temperatur das heiße Wasser im Haus eingestellt ist: 41 Grad. Zum Duschen ist das zu heiß, das Wasser muss wieder abgekühlt werden. Für das Waschbecken in der Küche empfindet Monika Preuß die derzeitige Temperatur aber als genau richtig - die Einstellung wird beibehalten.

Mit wenigen Änderungen Energie und Geld sparen

Nach 90 Minuten kostenloser Begutachtung zieht Pfülb Bilanz: "Mit wenigen Änderungen könnten Sie im Jahr 110 Euro sparen, dafür müssten Sie rund 50 Euro investieren. Wenn Sie sich einen neuen Gefrierschrank leisten, wären das noch einmal 80 Euro weniger Geld für Strom jährlich, dafür müssten Sie aber erst mal bestimmt 800 Euro ausgeben."

Monika Preuß ist überrascht: "Wir haben ja bereits unsere Spülmaschine erneuert, den Trockner nutzen wir schon lange nicht mehr. Ich hätte nicht gedacht, dass es noch so viele Einsparmöglichkeiten gibt." Während der Fastenzeit wird sie Buch über den Stromverbrauch führen und immer sonntags ihre Zahlen zur Auswertung an die Klimaschutzagentur geben.

Preuß ist pragmatisch: "Ich mache nicht aus religiösen Gründen an dieser Aktion mit, sondern um angesichts der weiter steigenden Strompreise Geld zu sparen. Aber ich finde es auch im Interesse der jüngeren Generation wichtig, dass man selber etwas tut, um die Umwelt zu schonen."

"Wir müssen nicht ständig warmes Wasser vorhalten"

In der evangelischen Elisabethgemeinde Langenhagen hat Stromsparberater Benjamin Wirries das Gemeindehaus und die Kindertagesstätte unter die Lupe genommen. Größter Stromfresser in der Kita: der elektrisch betriebene Durchlauferhitzer. Wo Wasser auf diese Art erwärmt wird, ist dies mit 25 Prozent der größte Posten am gesamten Stromverbrauch. "Durch eine neue Mischdüse am Wasserhahn kann man den Durchlauf von warmem Wasser mehr als halbieren. Das ergibt ein Sparpotenzial von 400 Euro im Jahr", rechnet Wirries vor.

Im Gemeindehaus wird ab sofort der Stecker der Warmwassertherme gezogen. "Nur noch vor Veranstaltungen werden wir die Therme aktivieren. Wir müssen nicht ständig warmes Wasser vorhalten, das permanent Strom verbraucht", sagt Pastorin Bettina Prassler-Kröncke.

Aber nicht jede Energieeinsparung macht wirtschaftlich Sinn, das ist Stromsparberaterin Pfülb wichtig: "Man muss immer Aufwand und Ertrag betrachten, und auch die individuellen Bedürfnisse. Alte Menschen zum Beispiel sehen häufiger schlechter, da darf man nicht am falschen Ende bei der Beleuchtung sparen."