Gericht verhandelt NPD-Klage gegen Bundespräsident Gauck

Gericht verhandelt NPD-Klage gegen Bundespräsident Gauck
Es war eine der kürzesten mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, die nach knapp zwei Stunden endete. "Ein Bundespräsident wirkt vor allem durch Reden und Gespräche", las Staatssekretär David Gill am Dienstag zum Abschluss eine kurze Erklärung von Joachim Gauck vor.
25.02.2014
epd
Ralf Schick

Das höchste deutsche Gericht verhandelte über eine von der NPD gegen ihn eingereichte Klage, weil er im vergangenen Jahr die ausländerfeindlichen Proteste gegen ein Asylbewerberheim in Berlin-Hellersdorf kritisiert und die Demonstranten als "Spinner" bezeichnet hatte. 

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Gauck habe korrekt gehandelt, betonte Joachim Wieland, Bevollmächtigter des Bundespräsidialamtes. Aufgabe des Bundespräsidenten sei es, durch Worte die Werte der Verfassung und das Gemeinwohl der Gesellschaft zu verteidigen, sagte Wieland. "Ein Bundespräsident ist nicht auf die Unterstützung einer Partei angewiesen, er repräsentiert das Volk, er darf und muss sagen, was ihm wichtig ist, und er muss die Grundrechte schützen", betonte Wieland. Dabei sei auch eine gewisse Polemik erlaubt.

Gauck sprach am 29. August 2013 in Berlin-Kreuzberg vor rund 400 Oberstufenschülern und wurde daraufhin mit den Worten zitiert: "Wir brauchen Bürger, die auf die Straßen gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen." Als die NPD von Gauck wissen wollte, ob er damit Mitglieder und Aktivisten der rechtsextremen Partei meine, ließ der Bundespräsident mitteilen, "bei verständiger Würdigung der Medienberichte" beantworte "sich Ihre Frage von selbst".

NPD: Neutralitätspflicht verletzt

Die NPD bezeichnet die Äußerung des Bundespräsidenten als Schmähkritik, sagte deren Rechtsanwalt Peter Richter am Dienstag. Gauck habe mit seiner Wortwahl in diffamierender Weise zulasten der Partei im damaligen Bundestagswahlkampf gehandelt. Damit habe er seine Neutralitätspflicht verletzt und seine Kompetenzen und Befugnisse überschritten, monierte Richter.

Das Bürger-Verständnis von den Befugnissen und Aufgaben eines Bundespräsidenten sei nicht so sehr verfassungsrechtlich vorbestimmt, sondern von der Amtsführung geprägt, sagte einleitend Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Zugleich enthalte das Grundgesetz nahezu keine direkten Aussagen darüber, wie das deutsche Staatsoberhaupt seine Aufgaben erfüllen soll. Der Bundespräsident wirke deshalb nicht nur durch die Autorität seines Amtes, sondern vor allem kraft seiner Persönlichkeit in Reden und Auftritten, in denen er seine Meinung kundtut und das Grundgesetz verteidigt.

Urteil erst in ein paar Wochen

Die Richter des Zweiten Senats hinterfragten auch, ob man die Äußerungen von Gauck nicht auch im Gesamtkontext um die rechtsextreme Partei sehen müsse, der ein Parteiverbot droht. Gauck habe auch zu einem Zeitpunkt gesprochen, als es Proteste gegen Asylbewerber gab. "Hier wurde gegen das Asylrecht demonstriert, das die NPD in ihrem Bamberger Parteiprogramm von 2010 ersatzlos streichen will", sagte Verfassungsrichter Peter Müller.

Für Verfassungsrichter Michael Gerhardt stellt sich die Frage, ob es sich nicht auch um einen Unterschied handle, wenn ein Bundespräsident vor einer Schülergruppe spreche oder in einer Talkshow. Dem hielt der NPD-Rechtsanwalt entgegen, dass es sich bei der Schülergruppe um Oberstufenwähler und damit um Erstwähler gehandelt habe. Das Gericht muss nun im Detail abwägen, inwieweit sich ein Bundespräsident vor allem in Wahlkampfzeiten äußern darf, mit einem Urteil wird erst in ein paar Wochen gerechnet.