Pfarrer als Bürgermeister: Wenn Theologen Politik machen

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Pfarrer als Bürgermeister: Wenn Theologen Politik machen
Wenn ein Pfarrer in die Kommunalpolitik möchte, muss er die Evangelische Kirche in Deutschland darüber informieren. In Bayern werden evangelische Geistliche sofort vom Dienst freigestellt, sobald sie etwa für das Amt des Bürgermeisters kandidieren. Theologen, die Religionsunterricht halten, dürfen hingegen trotz eines solchen Postens weiterarbeiten.
15.02.2014
epd
Daniel Staffen-Quandt

Jürgen Henkel hat vor ein paar Wochen die Kanzel gegen Infostände getauscht. Bereut hat es der evangelische Pfarrer bislang nicht, sagt er. In seiner Heimatstadt Bad Windsheim will er Bürgermeister werden, er tritt dort - obwohl CSU-Mitglied - für die Freie Wählergemeinschaft an. Sein Job als Gemeindepfarrer im oberfränkischen Selb-Erkersreuth ruht seither. Denn Wahlkampf und Pfarrersein, das verträgt sich nicht. Jedenfalls nicht in Bayern. Und Jürgen Henkel findet das gut so: "Verkündigung trotz Wahlkampf, das ist schwierig."

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Am 16. März finden in Bayern die Kommunalwahlen statt. Über 32.000 Mandate in Stadt- oder Gemeinderäten sowie rund 4.400 Sitze in den Kreistagen werden an diesem Sonntag vergeben - außerdem werden vielerorts Bürgermeister, Oberbürgermeister sowie Landräte gewählt. Auch acht evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer wollten kandidieren und haben das - dienstpflichtgemäß - der bayerischen evangelischen Landeskirche angezeigt. Laut Paragraf 35 des Pfarrdienstgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)  muss jede Kandidatur vor deren Annahme mitgeteilt werden.

Wenn sich evangelische Pfarrer in Bayern um ein kommunalpolitisches Amt bewerben wollen, gilt folgendes: Gemeindepfarrer werden sofort vom Dienst freigestellt, sobald sie eine Kandidatur annehmen. In dieser Zeit werden sie von der Landeskirche weiter bezahlt, sie dürfen in ihrer Dienstwohnung bleiben - das Recht zur öffentlichen Wortverkündung und Sakramentsverwaltung allerdings ruht währenddessen, erläutert Kirchensprecher Johannes Minkus. Wird der Pfarrer dann doch nicht gewählt, kann er einfach an seine alte Gemeindepfarrstelle zurück.

Gehalt von der Kirche gibt es auf einem politischen Posten nicht

Im Fall einer Wahl wird es etwas komplizierter. Gemeindepfarrer werden für die Zeit der Mandatsausübung beurlaubt, jedoch ohne Bezüge. Das heißt: Wer nicht mindestens Bürgermeister wird und dafür dann Bezüge erhält, hätte zum Beispiel als Stadtrat kein Einkommen mehr. Nach dem Ende des Mandats können Pfarrer wieder in den Kirchendienst zurück. Anders sieht es für Pfarrer mit allgemeinem kirchlichen Auftrag aus, also etwa die, die komplett als Religionslehrer an Schulen eingesetzt werden. Sie dürfen politische Mandate annehmen und trotzdem arbeiten.

Für Jürgen Henkel ist das eine "gute Lösung mit zwei Seiten". "Auf der einen Seite wäre es natürlich wünschenswert, wenn sich mehr Pfarrer politisch engagieren", weil es in den kommunalen Gremien oftmals auch um Belange der Kirchen und der kirchlichen Dienste gehe. "Andererseits ist es auch ein Schutz für die Pfarrer und ihre Gemeinden." Wahlkämpfe bringen harte und nicht immer nur sachliche Auseinandersetzungen mit sich. "Das könnte für Spannungen in den Gemeinden sorgen", sagt er. Genau diese Überlegung steckt hinter der bayerischen Regelung.

Auch bei einer politischen Betätigung seien Pfarrer zuallererst "an ihren Auftrag aus der Ordination gebunden", erläutert Minkus. Sie seien ihren Dienst allen Gemeindegliedern ohne Ansehen ihrer politischen Einstellung schuldig und müssten deshalb "alles unterlassen, was zu einer Spaltung der Kirchengemeinde" führen könnte. In anderen EKD-Mitgliedskirchen wird mit dem Thema deutlich lockerer umgegangen. In Württemberg dürfen Gemeindepfarrer durchaus Gemeinderäte sein. Erst, wenn sie durch das Mandat ihrem Dienst nicht mehr nachkommen, wird eingeschritten.

Pfarrer bringen Kompetenz in die Kommunen

Auch wegen dieser uneinheitlichen Regelung in der EKD sehen nicht alle Pfarrer die Linie der bayerischen Landeskirche so entspannt wie Henkel. Eine der acht gemeldeten Kandidaten war die Bayreuther Pfarrerin Anne-Kathrin Kapp-Kleineidam - sie hat ihre Stadtratskandidatur für die Grünen zurückgezogen, nachdem ihr bewusst wurde, dass sie im Falle einer Wahl keine Bezüge mehr erhalten hätte. Sie kritisiert die Regelung als "starke Einschränkung". Damit würden Pfarrern nicht nur kommunale Ämter verwehrt, auch den Kommunen gehe "Kompetenz verloren".

Evangelische Pfarrer sind gleichwohl in einer komfortablen Situation - wenn man auf die katholische Kirche blickt. Laut Kirchenrecht sind den Klerikern öffentliche Ämter, die eine Ausübung weltlicher Macht mit sich bringen, verboten. Ausnahme: Mönche und Nonnen können sich für die Teilnahme an Kommunalwahlen zu eigenen Listen zusammenschließen, antreten und gewählt werden. Die Mitwirkung in Gewerkschaften und Parteien ist Klerikern ohne Zustimmung der Vorgesetzen hingegen nicht erlaubt. Das wiederum ist für evangelische Pfarrer kein Problem.