Kündigung wegen HIV-Infektion diskriminierend

Kündigung wegen HIV-Infektion diskriminierend
Arbeitgeber dürfen HIV-positive Beschäftigte wegen ihrer Erkrankung nicht einfach kündigen.

Auch während der Probezeit sei eine Kündigung im Regelfall unwirksam und diskriminierend, urteilte am Donnerstag das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. Die HIV-Infektion sei als Behinderung anzusehen, so dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz mit seinen Entschädigungsregelungen wegen Diskriminierung anzuwenden ist. Die deutsche Aidshilfe begrüßte das höchstrichterliche Urteil. (AZ: 6 AZR 190/12)

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Im entschiedenen Rechtsstreit war der Kläger seit Dezember 2010 als Chemisch-Technischer Assistent bei einem Arzneimittelhersteller im Reinraumbereich tätig. Als der Kläger bei der Einstellungsuntersuchung dem Betriebsarzt mitteilte, dass er HIV-positiv sei, wurde dies als problematisch angesehen. Der Arbeitgeber sprach noch während der Probezeit wegen der HIV-Infektion die Kündigung aus.

Der Beschäftigte hielt die Kündigung für unwirksam und diskriminierend. Seine HIV-Infektion sei auch ohne Symptome als Behinderung anzusehen. Es gebe auch keine konkrete Wahrscheinlichkeit einer Virus-Übertragung auf die Produkte. Er forderte die Weiterbeschäftigung sowie eine Entschädigung wegen Diskriminierung als Behinderter.

Das BAG verwies das Verfahren an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zurück. Dieses muss prüfen, inwieweit eine Infektionsgefahr im Reinraum bestanden hat und ob der Arbeitgeber dagegen konkrete Maßnahmen treffen konnte.

Besondere Schutzrechte für chronisch Kranke am Arbeitsplatz

Eine symptomlose HIV-Infektion sei als Behinderung zu werten, entschied das BAG. Denn HIV-positive Arbeitnehmer seien im gesellschaftlichen Leben oft stigmatisiert und damit benachteiligt. Als Behinderung könnten nicht nur körperliche Einschränkungen gelten. Auch chronische Erkrankungen zählten dazu.

Die Erfurter Richter beriefen sich in ihrer Entscheidung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und die UN-Behindertenrechtskonvention. Danach ist auch von einer Behinderung auszugehen, wenn bei einer chronischen Erkrankungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist.

"Wir begrüßen sehr das Urteil", sagte Silke Klumb von der Deutschen Aidshilfe. Das BAG habe nun erstmals entschieden, dass auch chronisch Kranke als behindert anzusehen sind, wenn sie im sozialen Leben benachteiligt werden. Hier sei nun der Gesetzgeber gefordert. "Die Entscheidung ist ein wichtiges Signal für die Rechtsprechung in Deutschland", sagte Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention in Berlin.