Zoff in Münster: Welcher Islam wird gelehrt?

Foto: epd-bild / Christopher Clem
Professor Mouhanad Khorchide streitet mit islamischen Organisationen um deren Einfluss auf die Islam-Lehre an der Uni Münster.
Zoff in Münster: Welcher Islam wird gelehrt?
Für Bundespräsident Joachim Gauck steht an diesem Donnerstag der Islam auf der Agenda. In Münster besucht er das Zentrum für Islamische Theologie, eines der vier vom Bund geförderten Einrichtungen zur Ausbildung von Religionslehrern und Imamen. Hier will er sich über Studium, Lehre und Forschung informieren. Sein Besuch wird allerdings vom Konflikt um den Institutsleiter Mouhanad Khorchide überschattet.

Khorchide, der mehrfach im katholischen Herder-Verlag publiziert hat, steht für einen liberalen Islam. Zu liberal für so manchen muslimischen Verbands-Vertreter. Diese Erfahrung machte der islamische Theologe bereits 2012, als sein Buch "Islam ist Barmherzigkeit" erschien. Darin entfaltete er die Vision eines aufgeklärten Islam und entfachte just einen Streit um sein Glaubensverständnis.

###mehr-links### Muslimische Funktionäre, wie der Vorsitzende der islamischen Religionsgemeinschaft Ditib Nord, Zekeriya Altug, warfen dem im Libanon geborenen Theologen daraufhin vor, den Grundzügen des Islams zu widersprechen.

Der Konflikt in Münster entzündet sich aber noch an einer weiteren Stelle: dem Beirat an der Universität. Anders als bei den christlichen Kirchen, die Körperschaften öffentlichen Rechts sind, gibt es im Islam keine Institution als Ansprechpartner des Staates für die Ausbildung der Theologen an den Universitäten. Daher hat man für die Islamischen Zentren ein Hilfskonstrukt geschaffen und Beiräte eingerichtet, in denen die unterschiedlichen islamischen Organisationen vertreten sein sollen. Diese Beiräte sollen über Lehrpersonal und Lehrinhalte entscheiden.

Streit mit den Salafisten

Genau hier beginnen in Münster die Probleme. Denn dort ist der Beirat rund ein Jahr nach Eröffnung des Zentrums immer noch nicht komplett und handlungsfähig. Acht Mitglieder sollen dem Beirat angehören, vier davon darf der Koordinierungsrat der Muslime bestimmen. Einer dieser von den vier großen islamischen Verbänden nominierten Kandidaten stammt aus dem Umfeld der vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation Milli Görüs. Die Rektorin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Ursula Nelles, weigerte sich nach Bekanntwerden, den vorgeschlagenen Kandidaten zu berufen.

###mehr-artikel### Aber auch Khorchide selbst verschärfte mit einigen Äußerungen die Kluft zu den Verbänden. Der Soziologe und Theologe sprach sich dagegen aus, dass der Beirat über das Lehrpersonal entscheidet. "Eine amtliche Beurteilung, ob jemand religiös genug ist, gibt es nicht im Islam", sagte er der "Zeit". Die muslimischen Verbände, die um ihren Einfluss fürchten, reagierten scharf: Khorchide stelle sich gegen die Verfassung, widersprach der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek.

Khorchide, ein in Talkshows gerne eingeladener Gast, hat unterdessen auch die Salafisten auf den Plan gerufen. In seinem jüngsten Buch über sein Scharia-Verständnis warnte er vor dem Gewaltpotenzial dieser radikal-islamischen Strömung, die nach Angaben des Verfassungsschutzes rund 4.500 Anhänger in Deutschland hat. Der Hass-Prediger Pierre Vogel macht nun im Internet in zahlreichen Videos gegen den islamischen Theologen mobil. Am Donnerstag, parallel zum Besuch des Bundespräsidenten, hat der deutsche Konvertit eine Kundgebung in Münster angemeldet.