Chemiewaffen-Experten treffen in Syrien ein

Foto: dpa/Local Commitee Of Arbeen
Ein UN-Inspekteur sammelt Proben in Syrien.
Chemiewaffen-Experten treffen in Syrien ein
Die internationale Mission zur Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen hat am Dienstag begonnen: Ein Team von 20 Inspektoren der in Den Haag ansässigen Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) traf in Syrien ein, wie der TV-Sender Al Dschasira berichtete. Die Experten kamen auf dem Landweg aus der libanesischen Hauptstadt Beirut und werden im Lauf des Dienstags in Damaskus erwartet.

###mehr-artikel###Experten der OPCW sollen die Arsenale an chemischen Kampfstoffen prüfen und bis Mitte nächsten Jahres zerstören. Der syrische Präsident Baschar al-Assad hatte seine Kooperation zugesichert und eine Liste seiner C-Waffenbestände vorgelegt, die aber geheimgehalten wird. Syriens Bestände an Giftgas und anderen Substanzen werden auf etwa 1.000 Tonnen an 45 Lagerstätten geschätzt. Erstes Ziel der Experten ist, die Produktionsanlagen für chemische Waffen bis 1. November zu zertrümmern.

Mehr als 1.000 Menschen starben bei Giftgaseinsatz

Die OPCW-Fachleute sind im Auftrag des UN-Sicherheitsrats tätig. Nachdem Russland und die USA eine Einigung erzielt hatten, wurde in einer Resolution am Freitag die Vernichtung der chemischen Waffen in Syrien beschlossen. Die Entschließung ist eine Reaktion auf den Giftgasanschlag vom 21. August im Raum Damaskus, bei dem nach UN-Angaben Sarin eingesetzt wurde. US-Präsident Barack Obama hatte mit einem Militärschlag gedroht.

Nach US-Angaben starben bei dem Giftgaseinsatz mehr als 1.000 Menschen. Washington macht die syrische Regierung dafür verantwortlich, was diese aber bestreitet. Auch Russland beschuldigt syrische Rebellen, das Gift eingesetzt zu haben. Es ist das erste Mal, dass die OPCW in einem Bürgerkriegsland beauftragt wird, Chemiewaffen unbrauchbar zu machen. Die Experten reisen unbewaffnet und sind auf den Schutz der syrischen Regierung angewiesen.

Amnesty fordert schärfere Kontrollen für Dual-Use-Güter

###mehr-info###Angesichts der Debatte über von Deutschland gelieferte Chemikalien an Syrien hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International schärfere Kontrollen gefordert. "Das Problematische ist, dass man nicht immer weiß, ob diese Güter militärisch oder zivil genutzt werden", sagte Amnesty-Rüstungsexperte Mathias John am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es müsse daher lokale Prüfungen vor und nach dem Export von waffenfähigen Substanzen geben.

Am Montag war bekanntgeworden, dass die Bundesregierung bis kurz vor Beginn des Bürgerkriegs im Frühjahr 2011 mehrere hundert Tonnen chemiewaffentauglicher Substanzen nach Syrien geliefert hat. Bei den Chemikalien handelte es sich um sogenannte Dual-Use-Güter. Dies sind Stoffe, die in diesem Fall sowohl zur Produktion von Giftgas als auch bei der Veredelung von Schmuck oder der Herstellung von Zahnpasta verwendet werden können.

"Die Bundesregierung hat eine besondere Sorgfaltspflicht"

"Gerade bei einem Land wie Syrien, das zum Zeitpunkt der Lieferungen nicht das Chemiewaffenabkommen der Vereinten Nationen unterzeichnet hat, hatte die Bundesregierung eine besondere Sorgfaltspflicht, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern", sagte John. Auch wenn es nur ein geringes Restrisiko gegeben hätte, hätte Deutschland diese Stoffe nur mit strengen Vorortkontrollen liefern dürfen.

Die Ausfuhr der Chemikalien wurde vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das dem Bundeswirtschaftsministerium untersteht, genehmigt. John bezweifelt nicht, dass alle Vorgaben grundsätzlich eingehalten wurden. "Die derzeitigen Prüfvorgänge reichen jedoch so nicht aus."

Er forderte zudem eine Veröffentlichungspflicht von Exportgenehmigungen für Dual-Use-Güter. Dies sei bisher nicht der Fall, kritisierte der Rüstungsexperte. Der Export von Dual-Use-Gütern müsse ähnlich strengen Vorgaben unterliegen wie der Verkauf von Waffen oder Munition.

Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge gab es keine Hinweise darauf, dass die Chemikalien nicht für zivile Zwecke verwendet wurden. Bei der Prüfung berief sich das Ministerium auch auf Informationen der Geheimdienste.

Das Regime von Machthaber Baschar al-Assad steht im Verdacht, bei einem Giftgas-Einsatz im August Hunderte Menschen getötet zu haben. Syrien hat zwischenzeitlich zugesagt seine gesamten Chemiewaffen-Bestände offenzulegen und zu vernichten. Zudem hat das Land ein entsprechendes UN-Abkommen unterzeichnet.