Meerschweinchen zu versorgen ist Ehrensache

Irmgard Thiel und Olaf Recher mit Meerschweinchen.
Foto: epd/Thomas Rohnke
Irmgard Thiel (93) krault das Meerscheinchen - Olaf Recher versorgt es. Der 40-Jährige ist ehrenamtlicher Mitarbeiter im Nellinistift, einem Alten- und Pflegeheim der Diakonie in Frankfurt am Main.
Meerschweinchen zu versorgen ist Ehrensache
Noch bis zum 21. September läuft die "Woche des bürgerschaftlichen Engagements". Ohne Ehrenamt würde die Gesellschaft nicht funktionieren. Aber wie kommen Organisationen und Ehrenamtliche zusammen? Freiwilligenagenturen wie BüroAktiv in Frankfurt am Main helfen, das richtige Einsatzfeld zu finden. Zum Beispiel Meerschweinchenpflege.
17.09.2013
epd
Sophie Elmenthaler

Olaf Recher schaufelt Streu und trockene Halme in einen blauen Plastiksack. Die Meerschweinchen warten in Transportboxen, bis ihr Gehege wieder sauber ist. Auf dem Sofa nebenan sitzt eine alte Dame und krault "Bärbelchen", eines der kleinen Nagetiere, mit seligem Lächeln zwischen den Ohren. Die Meerschweinchen gehören zum Nellinistift, einem Alten- und Pflegeheim der Diakonie in Frankfurt, und Recher kümmert sich jeden Freitag um sie.

###mehr-artikel### Der 40-Jährige ist Schreiner. Lange konnte er wegen Krankheit nicht arbeiten, jetzt ist er in einer Reha-Werkstatt tätig. Bevor er die Stelle hatte, habe er nur zu Hause herumgesessen, sagt er. Dann bekam er den Tipp, sich bei der Freiwilligenagentur "BüroAktiv" vom Bürgerinstitut zu melden, falls er ein ehrenamtliches Engagement suche. Solche Agenturen gibt es in fast jeder größeren Stadt.

Über die Agentur kam er vor anderthalb Jahren zum Nellinistift. "Die Arbeit hier macht mir Spaß, und ich wurde gut aufgenommen", erzählt Recher. Er kümmert sich nicht nur um die Meerschweine. Jeden Samstag bietet er Wii-Bowling für die Bewohner an, also Kegeln per Spielkonsole mit Bewegungssensor: "Die Leute freuen sich da immer schon drauf."

"Man kann das Ehrenamt gar nicht hoch genug bewerten"

Die Idee mit dem Bowling habe es schon länger gegeben, aber bevor Recher im Nellinistift anfing, habe niemand gern zwei Stunden lang mit den alten Leuten kegeln wollen, sagt Einrichtungsleiter Harald Dollansky. Natürlich kommen nicht alle ehrenamtlichen Helfer über Freiwilligenagenturen. Viele fänden auch über persönliche Verbundenheit mit der Diakonie oder der evangelischen Kirche zum Engagement, berichtet Dollansky.

###mehr-links### Dennoch arbeitet das Nellinistift seit Jahren mit "BüroAktiv" zusammen, weil gerade für Besuchsdienste immer Aktive gebraucht würden. "Man kann das Ehrenamt gar nicht hoch genug bewerten", sagt Dollansky. "Wenn hier alle Diakonissen und Ehrenamtlichen auf einen Schlag weggingen, wäre das ein Alptraum."

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes üben in Deutschland 18 Prozent der Erwachsenen ein Ehrenamt aus und engagieren sich durchschnittlich mehr als vier Stunden pro Woche. Vor allem Alleinlebende und kinderlose Paare sind freiwillig tätig.Recher ist nicht sicher, ob er ohne die Beratung von BüroAktiv zum Nellinistift gefunden hätte. "Das Bürgerinstitut ist für Anregungen schon sehr gut gewesen", sagt er. Die Einrichtung koordiniert und begleitet seit Jahrzehnten ehrenamtliche Projekte in Frankfurt. BüroAktiv gehört seit über 20 Jahren dazu und war die erste Freiwilligenagentur in Frankfurt.

"Viele Menschen wollen sich engagieren, wissen aber nicht genau, wo und wie sie das können", sagt Bettina Büttner, die hauptamtlich für BüroAktiv arbeitet. Gerade das persönliche Gespräch vor Ort empfänden viele daher als sehr hilfreich. Die Agentur berät nach eigenen Angaben über 400 Klienten pro Jahr.

Es soll keine bezahlte Stelle ersetzt werden

Die Organisationen, die Ehrenamtliche suchen, erarbeiten für BüroAktiv ein detailliertes Tätigkeitsprofil. Darin ist angegeben, welchen Umfang der Einsatz haben soll, ob die Freiwilligen Vorkenntnisse brauchen und wie sie für ihre Aufgaben geschult werden. "Wir vermitteln nicht in geringfügige Beschäftigung, sondern nur ins Ehrenamt", betont Büttner. Die Agentur achte genau darauf, dass durch die ehrenamtliche Arbeit keine bezahlte Arbeit ersetzt werde.

Die Freiwilligen füllen während der Beratung einen Interessentenbogen aus, der erfasst, wann und wie oft sie sich engagieren möchten, wo ihre Interessen liegen und welche Erfahrungen sie einbringen können. Die Berater gleichen die Daten miteinander ab und schlagen den Freiwilligen passende Angebote vor. Die Kontaktaufnahme übernehmen diese dann selbst.

Recher erzählt, er habe zunächst für die Frankfurter Tafel gearbeitet. "Da musste ich aber immer so lange fahren", sagt er. Das Nellinistift sei der zweite Vorschlag gewesen, und dabei sei er geblieben.