Spender halten sich bei Syrien-Krise zurück

Foto: Bulent Kilic/AFP/Getty Images
Syrische Flüchtlinge im Camp Atme an der türksischen Grenze. Sie versuchen, dem Bürgerkrieg zu entkommen. Mehr als eine Million Syrer sind auf der Flucht.
Spender halten sich bei Syrien-Krise zurück
Bei einem Krieg fließen fast nie so viele Spenden wie nach einem Erdbeben. Das Leid von Millionen Syrern ist die derzeit größte humanitäre Krise auf dem Globus. Doch die Bundesbürger öffnen ihre Geldbörsen nicht so bereitwillig wie sonst. Ninja Charbonneau (37), Sprecherin des deutschen Unicef-Komitees, erläutert, was die Spender bewegt.
03.08.2013
epd
Elvira Treffinger

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Frau Charbonneau, es gibt Klagen, dass für Syrien viel wenier gespendet wird als bei vergleichbaren Katastrophen. Wie ist das bei Unicef Deutschland?

Ninja Charbonneau: Es ist immer schwieriger, um Spenden für Menschen in Konfliktgebieten zu werben. Bei Naturkatastrophen ist der Impuls zu spenden größer. Wir haben keine breite Spendenbewegung zu Syrien. Unsere Stammspender haben aber gut reagiert: 2012 haben wir zwei Millionen Euro für Syrien bekommen, 2013 bisher 1,8 Millionen. Aber im Vergleich zur Hungerhilfe für Ostafrika 2011/2012 ist das relativ wenig. Da erhielten wir rund 18 Millionen Euro. Und für die Opfer der Jahrhundertflut in Pakistan 2010 über zehn Millionen Euro.

Warum spenden die Bürger für Notleidende in Kriegsgebieten weniger?

Charbonneau: Ich vermute, der Grund ist, dass Kriege von Menschen gemacht sind, und nicht als höhere Gewalt angesehen werden - wie Dürren oder Erdbeben. Die Lage in Syrien ist auch sehr unübersichtlich. Wenn kaum zwischen Gut und Böse zu unterscheiden ist, fällt es vielen Menschen schwer, zu spenden. Zudem: Die Not der Zivilbevölkerung ist oft nicht sichtbar. Die Medien berichten viel über den Krieg, aber kaum über den täglichen Kampf ums Überleben. Dabei ist die Syrien-Krise die größte humanitäre Katastrophe weltweit. Allein in Syrien brauchen 6,8 Millionen Menschen Hilfe, davon drei Millionen Kinder, die in jedem Fall unschuldige Opfer des Konflikts sind. Zudem müssen 1,9 Millionen Flüchtlinge in Nachbarländern versorgt werden. Spenden werden dringend gebraucht.

Spielt für die Zurückhaltung der Spender auch die Befürchtung eine Rolle, dass die Hilfe womöglich gar nicht bei den Bedürftigen ankommt?

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Charbonneau: Wir erreichen Millionen von Menschen, die Not leiden - in Syrien und in Nachbarländern. In Syrien kommen wir nicht zu allen durch, die Arbeit ist für Helfer gefährlich. Trotzdem gelingt es immer wieder, Wasser, Lebensmittel und Medikamente in umkämpfte Orte zu bringen. Kürzlich traf ein UN-Konvoi in Aleppo ein. Auch nach Homs konnten Hilfsgüter gebracht werden. Ein Transport muss bis zu 50 Checkpoints passieren. Wir kooperieren mit einem Netzwerk aus 40 Partnern, darunter dem Syrischen Roten Halbmond, der im Land akzeptiert ist. Bei der Hilfe machen wir keinen Unterschied zwischen den politischen Lagern.