Behinderte finden seltener Arbeit und werden schlechter bezahlt

Foto: epd-bild/Werner Krüper
Behinderte finden seltener Arbeit und werden schlechter bezahlt
Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigen sind häufiger arbeitslos, verdienen im Schnitt schlechter und verrichten häufiger Arbeit unterhalb ihrer Qualifikation als Menschen ohne Handicap.

Das geht aus dem Teilhabebericht der Bundesregierung hervor, der am Mittwoch vom Kabinett beschlossen wurde. Demnach stieg zwischen 2006 und 2010 die Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten zwar von 916.000 auf über eine Million. Die Erwerbsquote liegt aber weiterhin deutlich unter der von Menschen ohne Handicap.

###mehr-artikel###

Dem Bericht zufolge waren 2010 58 Prozent der Männer mit Beeinträchtigungen erwerbstätig. Bei den Männern ohne Handicap arbeiteten 83 Prozent. Bei den Frauen mit Behinderungen lag die Erwerbsquote bei 58 Prozent. Das waren 17 Prozentpunkte weniger als bei den Frauen ohne Beeinträchtigungen.

Häufiger geringfügig beschäftigt

Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, arbeiten Menschen mit Behinderungen häufiger unterhalb ihrer Qualifikation, verdienen damit auch schlechter und sind häufiger in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt. Im Vergleich der Erwerbstätigen mit mindestens Fachhochschulabschluss verdiente ein Behinderter 2010 im Schnitt 2,40 Euro weniger in der Stunde als ein nicht-behinderter Angestellter. Bei den Fachkräften mit Berufsabschluss ist die Lücke kleiner (60 Cent pro Stunde).

Damit steigt auch das Armutsrisiko von Menschen mit Beeinträchtigungen. Besonders groß ist der Unterschied bei den 50- bis 64-Jährigen: 23 Prozent von ihnen müssen laut Bericht von weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens leben. Bei den Nicht-Behinderten in dieser Altersgruppe sind es elf Prozent.

Viele brauchen trotz Arbeit Grundsicherung vom Staat

2010 erhielten dem Bericht zufolge 1,59 Millionen Menschen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Knapp 385.000 Menschen bekamen aus diesem Grund eine Grundsicherung von im Schnitt 639 Euro.

Der Teilhabebericht, der den einmal pro Legislaturperiode vorgelegten Behindertenbericht ablöst, nimmt erstmals alle Menschen mit Beeinträchtigungen in den Blick. Darunter fallen also auch Menschen mit körperlichen oder geistigen chronischen Beschwerden, die keinen Behindertenausweis haben, weil sie entweder nicht als schwerbehindert anerkannt sind oder den Status von sich aus nicht beantragt haben.

Der Bericht hat damit den Anspruch, die Wirklichkeit für ein Viertel der Erwachsenen Bevölkerung Deutschlands wiederzugeben: 9,6 Millionen Menschen gelten als schwerbehindert, 7,2 Millionen haben chronische Beschwerden, die sie im Alltag einschränken. Dem Bericht zufolge nimmt ein Viertel dieser rund 17 Millionen Menschen trotz allem unbehindert am gesellschaftlichen Leben teil. Genauso viele beklagen aber massive Einschränkungen.

VdK: Bund, Länder und Kommunen müssen mehr für die Teilhabe von Behinderten tun

Der Sozialverband VdK forderte, auf Grundlage der Erkenntnisse zügig Maßnahmen zu ergreifen, um Behinderten mehr Teilhabe zu ermöglichen. "Bund, Länder und Kommunen müssen sich verbindliche Ziele und zeitnahe Fristen setzen, um die UN-Behindertenrechtskonvention überall im Land Realität werden zu lassen", sagte Verbands-Präsidentin Ulrike Mascher.

Der Präsident des Sozialverbands SoVD, Adolf Bauer, kritisierte, dass der Teilhabebericht erst am Mittwoch beraten wurde und damit sehr spät in der Wahlperiode. Gleichzeitig begrüßte er aber den neuen Fokus des Berichts, weil damit der Alltag der Betroffenen deutlicher werde. "Wenn es nun bei der neuen Marschrichtung bleibt, wäre das ein großer Gewinn für alle Betroffenen", sagte Bauer