Kaum Hoffnung auf Wandel in Mali

Foto: dpa/Tanya Bindra
Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Ibrahim Boubacar Keita in Malis Hauptstadt Bamako. Am Sonntag entscheiden die Wähler über ein neues Staatsoberhaupt.
Kaum Hoffnung auf Wandel in Mali
Weil die Zeit des Übergangspräsidenten abgelaufen war, musste das westafrikanische Mali Wahlen ansetzen. Der monatelang von Islamisten besetzte Norden ist aber weiter instabil, und die Kandidaten versprechen ohnehin keinen wirklichen Neuanfang.
28.07.2013
epd
Bettina Rühl

Der Journalist Malick Aliou Maiga ist konzentriert bei der Sache, von der drückenden Hitze in seinem kleinen Radiostudio in der nordmalischen Stadt Gao lässt er sich nicht bremsen. Maiga arbeitet bei "Radio AADAR", einer Art Bürgerfunk, und ist wegen seines Muts in Gao geachtet. Sein Thema derzeit: die Präsidentschaftswahl am Sonntag, den 28. Juli 2013. Sieben Millionen Wahlberechtigte und damit knapp die Hälfte der Einwohner des westafrikanischen Landes sind aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt zu bestimmen. Die Übergangsphase nach dem Militärputsch von März 2012 soll damit beendet werden.

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Maiga und viele andere Kritiker halten die Abstimmung für verfrüht und hegen kaum Hoffnungen auf einen Neuanfang. "Wegen des Ausnahmenzustands, der bis Anfang Juli galt, konnte vor allem im Norden Malis kaum ein Wahlkampf stattfinden", sagt der hagere 34-Jährige. Außerdem seien die Wählerregister "vielerorts unvollständig oder nicht vorhanden." Denn Islamisten und Tuareg-Rebellen, die den Norden im vergangenen Jahr viele Monate lang besetzt hielten, verwüsteten Verwaltungsgebäude, verbrannten oder zerstörten viele Unterlagen. Auch Gewalt ist ein Thema. So ist vor allem die Lage in der Stadt Kidal weiterhin angespannt.

Tuareg-Rebellen nutzten das Machtvakuum nach dem Militärputsch 2012

Zu Unrecht galt Mali unter westlichen Gebern jahrelang als "Musterdemokratie" Afrikas. Die Bürger des Landes dagegen waren schon lange unzufrieden mit dem korrupten Regime unter Präsident Amadou Toumani Touré. Viele begrüßten deshalb zunächst den Militärputsch am 22. März 2012. Doch der Staatsstreich verschärfte die Krise dramatisch: Tuareg-Rebellen der "Nationalen Bewegung zur Befreiung des Azawad" (MNLA) nutzten das Machtvakuum und eroberten gemeinsam mit islamistischen Milizen den Norden des Landes, den sie "Azawad" nennen.

Das Land war daraufhin faktisch geteilt. Im Norden führten Islamisten mit Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida eine drakonische Form der Scharia ein. Um ihren drohenden Vormarsch auf die Hauptstadt Bamako zu verhindern, intervenierte dann Mitte Januar das französische Militär. Zusammen mit einer afrikanischen Eingreiftruppe befreiten die Franzosen die Region und übergaben Anfang Juli das Kommando an die UN. Eine 12.600 Mann starke Blauhelmtruppe soll nun landesweit Sicherheit für die Wahlen garantieren.

Der Westen drängte zu Wahlen

Im Süden hatte die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas nach zähem Ringen durchgesetzt, dass die Putschisten die Macht an Übergangspräsident Dioncounda Traoré abgaben. Die Frist für sein Mandat ist längst abgelaufen. Nicht zuletzt westliche Geldgeber drängten deshalb darauf, endlich wählen zu lassen.

"Es gibt ein Dilemma", sagt Annette Lohmann von der Friedrich-Ebert Stiftung in Bamako. "Mali braucht sehr schnell Wahlen, um zur demokratischen Ordnung zurückzukehren, und um eine handlungsfähige und auch international akzeptierte Regierung zu haben." Gleichzeitig habe die Wahl in der kurzen Frist nicht richtig vorbereitet werden können. Der Präsident der staatlichen Wahlkommission versichert dagegen, alles werde ordnungsgemäß ablaufen. Sogar die Geräte für die biometrische Wählerregistrierung stünden wie versprochen zur Verfügung.

Renaissance des gescheiterten Systems befürchtet

Anfang Juli gab das Verfassungsgericht die Kandidatenliste bekannt. Unter den knapp 30 Bewerbern sind viele vertraute Namen. Dazu zählt Modibo Sidibé, der Premierminister des 2012 gestürzten Touré. Als einer der aussichtsreichsten Kandidaten gilt der 46-jährige Ingenieur Dramane Dembélé, Wunschkandidat von Übergangspräsident Traoré, der selbst nicht antritt. Dembélé kandidiert für die größte Partei des Landes, die "Allianz für Demokratie in Mali" (Adéma-PASJ).

Das Volk hat, sofern es überhaupt flächendeckend seine Stimme abgeben kann, die Wahl zwischen Kandidaten, die allesamt schon lange Teil in der Politik aktiv sind. Die Abstimmung werde also nur das gescheiterte System restaurieren, fürchten Kritiker - und damit womöglich den Keim für weitere Unruhen legen.