Regierung schätzt Nachfrage nach Kita-Plätzen geringer ein als Städte

Foto: Annette Hauschild/Ostkreuz
Von August dieses Jahres an haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind.
Regierung schätzt Nachfrage nach Kita-Plätzen geringer ein als Städte
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat die von der Bundesregierung angestrebte Kita-Ausbauquote, wonach etwa 35 Prozent der zwischen Ein- und unter Dreijährigen versorgt werden sollen, infrage gestellt.

"Es war ein Fehler zu glauben, dass man mit Betreuungsplätzen für 35 Prozent der Kinder den Rechtsanspruch überall erfüllen kann", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, der "Passauer Neuen Presse" (Mittwochsausgabe). Er rief dazu auf, Maßnahmen gegen einen möglichen Engpass zu ergreifen und schloss größere Gruppen in den Kindertagesstätten nicht aus.

"Eine Vergrößerung der Gruppen ist eine Möglichkeit, wenn Hilfskräfte wie Bundesfreiwillige eingebunden werden. Betriebe, die eine Tagesmutter fest anstellen, können Fördermittel erhalten. Die Erfüllung des Rechtsanspruchs darf nicht an überflüssigen Baustandards scheitern. Bei Schulen wird seit Jahren so vorgegangen, da gibt es notfalls Unterricht im Container", sagte Landsberg.

Klagewelle eher unwahrscheinlich

Er rechnet zwar mit Schadenersatzklagen, erwartet aber keine "Klagewelle". Landsberg betonte zudem: "Der Rechtsanspruch bedeutet nicht, dass Eltern zwischen Kita-Platz und Tagesmutter wählen können."

Von August an können Eltern von Kindern unter drei Jahren vor Gericht ziehen, wenn sie keinen Betreuungsplatz finden. Nach Schätzungen der Kommunen fehlen noch rund 150.000 Plätze.

###mehr-artikel###Die Bundesregierung rechnet weiterhin mit einer geringeren Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kleinkinder als die Städte und Gemeinden. Das geht aus dem Familienreport 2012 hervor, den Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) am Mittwoch in Berlin vorstellte. Dem Regierungsbericht zufolge suchen 40 Prozent der Eltern in Ballungsräumen einen Platz für ihr ein- oder zweijähriges Kind. Auf dem Land seien es 32 Prozent, so der Bericht.

Die Städte und Gemeinden rechnen demgegenüber damit, dass in den Ballungsgebieten 50 bis 60 Prozent der Eltern einen Platz brauchen. Die Kommunalverbände hatten am Dienstag erneut vor den zu erwartenden Schadenersatzklagen gewarnt und die Bund und die Länder aufgefordert, sich an den Kosten zu beteiligen.

Betreuungsangebote nicht so flexibel wie nötig

Dem Familienreport zufolge nehmen viele Eltern einen Ganztagsplatz für ihr Kleinkind in Anspruch, obwohl sie ihn nicht voll ausnutzen. Insgesamt hat jedes zweite der Kleinkinder, die überhaupt in eine Kita gehen, einen Ganztagsplatz. Nur elf Prozent der Eltern dieser Kinder nutzen aber die 35 Stunden Betreuungszeit voll aus. Der Bericht sieht den Hauptgrund darin, dass die Angebote nicht so flexibel sind wie die Eltern sie benötigen. Insgesamt beantragen ein Drittel der Eltern in Westdeutschland und drei Viertel der Eltern im Osten einen Ganztagsplatz, sofern sie ihr Kleinkind überhaupt in die Betreuung geben.

Der Familienreport ist ein regelmäßiger Regierungsbericht, der anhand von Daten und Studien Auskunft gibt über die Lage von Familien in Deutschland. Seit Jahren dokumentiert der Bericht, dass die traditionelle Rollenverteilung von Vätern und Müttern auf dem Rückzug ist und junge Familien heute eines ihrer Hauptprobleme darin sehen, Beruf und Kinder miteinander zu vereinbaren.