Wohlfahrtsverbände kritisieren Gesetzentwurf für Zwangsbehandlungen

Wohlfahrtsverbände kritisieren Gesetzentwurf für Zwangsbehandlungen
Die Wohlfahrtsverbände haben davor gewarnt, die gesetzliche Regelung für Zwangsbehandlungen in Psychiatrien im Eilverfahren durch den Bundestag zu bringen.

Es gehe um menschliche Grundrechte, erklärt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in ihrer Stellungnahme für die Expertenanhörung an diesem Montag im Bundestag.

Etwa 120.000 Menschen werden pro Jahr gegen ihren Willen in psychiatrische Kliniken eingewiesen. In der Regel stehen sie unter rechtlicher Betreuung. Schätzungen zufolge wird bei jedem Zehnten eine Zwangsbehandlung angeordnet, am häufigsten eine Therapie mit Psychopharmaka.

Zwar sei es wichtig, Rechtssicherheit herzustellen, erklären die Wohlfahrts-Spitzenverbände. Doch garantiere die seit 2009 in Deutschland geltende UN-Behindertenrechtskonvention psychisch kranken Menschen weitgehende Selbstbestimmung. Die Verbände fordern eine Karenzzeit. Die Therapie dürfe nicht unmittelbar nach der Klinik-Unterbringung beginnen. Vielmehr müssten die Ärzte zunächst versuchen, die Einwilligung des Kranken zu erwirken.

Opposition setzt Anhörung von Experten durch

Die richterliche Genehmigung darf nach Ansicht der Verbände nicht ohne ein Zweitgutachten erteilt werden, dass weder vom behandelnden Arzt, noch von einem Arzt aus der Klinik kommen dürfe, in der der Patient untergebracht ist. Karenzzeit und Zweitgutachten sind bisher nicht vorgesehen.

Dem Bundestag liegt seit dem 22. November ein Gesetzentwurf von Union und FDP vor, mit dem Zwangsbehandlungen rechtlich abgesichert werden sollen. Dies war notwendig geworden, weil sie nach jüngsten Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs einen Eingriff in die Grundrechte darstellen, für den die rechtlichen Grundlagen nicht ausreichen.

Der vom Bundesjustizministerium formulierte Gesetzentwurf sollte ursprünglich ohne ausführliche Beratung schon in dieser Woche verabschiedet werden. Das hat die Opposition verhindert. Sie setzte die Anhörung von Experten durch. Neben den Wohlfahrtsverbänden werden Juristen, der Betreuungsgerichtstag, Angehörigen- und Betroffenenverbände sowie Mediziner angehört.