Von der Kanzel in die Bütt

Foto: Hendrik Urbin
Von der Kanzel in die Bütt
Katholischer Priester und Karnevalsprinz: Doppeljob für Jens Clobes
Von Beruf ist er Priester, sein Arbeitsplatz ist die katholische Kirche im osthessischen Kalbach. Doch in der fünften Jahreszeit hat Jens Clobes (33) einen Nebenjob angenommen: Die örtlichen Jecken wählten ihn zum Karnevalsprinzen.
02.12.2012
Christian P. Stadtfeld

Es war die Überraschung des Jahres, als der neue Regent vor kurzem durch den Niederkalbacher Carneval Verein (NCV) gekürt wurde. Kein Vereinsvorsitzender, Geschäftsmann oder verdientes Elferratsmitglied errang die Prinzenehre, sondern der amtierende katholische Pfarrer Jens Clobes. NCV-Präsident Markus Hackenberg hatte sich den besonderen Coup einfallen lasssen und den Geistlichen überredet, das närrische Amt für die Kampagne 2012/13 zu übernehmen. Clobes, der erst vor eineinhalb Jahren nach Osthessen kam, sagte prompt zu.

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Aus Pfarrer Clobes wird nun Prinz Jens der 62., natürlich gleich mit dem richtigen Beinamen: "Verkünder der Frohen Botschaft". Die Beinamen sind Tradition bei den osthessischen Narren - in der vergangenen Saison regierte Nicole die 51. als "blühende Rose vom heißen Reifen". Doch nicht ohne Grund wurde als ihr Nachfolger ein Priester inthronisiert: Die Niederkalbacher brauchen einen Regenten, der sich gemeinsam mit ihnen dem Weltuntergang entgegenstellt, der laut Maya-Kalender am 21. Dezember bevorsteht.

Zur Vorstellung des neuen Karnevalsprinzen gab es standesgemäß ein biblisches Schauspiel. Es orientierte sich in humorvoller Form an der Überlieferung von Moses und die zehn Gebote. Auch die prinzlichen Eigenschaften wurden dabei klar formuliert: "Er muss gut reden, die Menschen begeistern, den gegorenen Rebensaft gut vertragen und jede Menge gebratenes Fleisch essen können."

"Kein Kind von Traurigkeit"

Jens Clobes ist vom Naturell her "kein Kind von Traurigkeit", auch als Kaplan in Petersberg bei Fulda hatte er schon viele Berührungspunkte mit dem Phänomen Fastnacht. Und so wird er in den kommenden Wochen sein Ornat des öfteren gegen das bunte Prinzenkostüm tauschen. Auch zwei "Karnevalsmessen" wird der für die Ortschaften Uttrichshausen, Veitsteinbach sowie Nieder- und Mittelkalbach zuständige Pfarrer abhalten. Das hat er in diesem Jahr auch schon gemacht. Ihm ist bewusst, dass sein neuer Job bei den Leuten „gut ankommt“. Doch "bekehren" will er von der Bütt aus nicht.

"Den Bischof habe ich nicht gefragt", sagte Jens Clobes verschmitzt. Aber sein Dienstherr, Heinz Josef Algermissen in Fulda, wird angesichts der Beliebtheit des Pfarrers wohl kaum etwas dagegen haben. Und wie ist das dann bei der Ordensübergabe mit den Küsschen? "Da gibt es eine leichte Umarmung, das ist kein Problem", so Prinz Jens. Eine Prinzessin hat er aus verständlichen Gründen nicht an seiner Seite. Der Prinz hat ein Team mit "gestandenen Mannbildern" um sich herum, unter ihnen NCV-Chef Hackenberg und als Adjutant keinen Geringeren als Kalbachs Bürgermeister Dag Wehner.

"Echt klasse"

Der Zuspruch aus der Bevölkerung ist groß, gerade bei jungen Leuten kommt es gut an, dass der Pfarrer den Prinzen gibt. "So stellt man sich einen Pfarrer vor – jung, dynamisch und immer ein offenes Ohr“, sagte Alexander Müller (23) aus Kalbach. "Richtig gut" findet die Aktion auch Theresa Schmitt (17). Für Heiko Rudolph vom Karneval-Verband Kurhessen, zu dem 114 Gruppen in Nord- und Osthessen gehören, ist es eine Premiere: "Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in unserem Verband schon mal ein Pfarrer Prinz war. Echt klasse."

Es ist ein richtiger Coup, der den Niederkalbacher Karnevalisten mit ihrem Präsidenten Markus Hackenberg da geglückt ist. Die diesjährige Saison verspricht Humor gepaart mit geistlichen Anregungen. Seit dem grandiosen Auftritt bei der Inthronisierung ist klar, dass den Kalbachern mit Prinz Jens dem 62. als "Verkünder der Frohen Botschaft" ein würdiger Regent vorsteht, der Unterhaltung und Frohsinn garantiert.