Klimaretter jetten in die Wüste

Foto: laif/Bernard Gerard
Das Emirat Katar ist ein Paradies für Energieverschwender.
Klimaretter jetten in die Wüste
Am Montag beginnt in Katar der nächste Weltklimagipfel. Dabei ist das Emirat, das 2022 die Fußball-WM ausrichten will, ein Paradies für Energieverschwender. Öl und Gas sind spottbillig und werden kaum besteuert. Ein Umdenken setzt nur langsam ein.
25.11.2012
epd
Joachim Wille

Wenn die rund 17.000 Teilnehmer zur UN-Klimakonferenz in Katar einfliegen, kommen sie in einen schillernden Mini-Staat, der höchst verschwenderisch mit seinem Erdöl und Erdgas umgeht. Sprithungrige Geländewagen fahren an riesigen klimatisierten Einkaufszentren vor. Gewaltige Bauprojekte werden hochgezogen. Und der hohe Wasserverbrauch wird mit energiefressenden Entsalzungsanlagen gedeckt. Und doch plant die politische Führung in der Hauptstadt Doha für eine "grüne Zukunft".

Der Nahost-Experte Guido Steinberg von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik ist in Sachen Ökologie eher skeptisch. Dass Katar den Klimagipfel ausrichtet, dürfe "nicht darüber hinwegtäuschen, dass die katarischen Interessen nicht mit effektivem Klimaschutz zu vereinbaren sind", meint er. Doha gehe es "in erster Linie darum, sein Gas langfristig zu für Produzenten und Konsumenten akzeptable Preise zu verkaufen."

Erdöl-Förderung als Haupteinnahmequelle

Katar mit seinen rund 1,7 Millionen Einwohnern lebt von Erdöl und Erdgas. Landwirtschaft und verarbeitende Industrie spielen eine minimale Rolle. Die Erdöl-Förderung ist wichtig, weitaus bedeutender aber ist für Katar sein Erdgas. Die Halbinsel im arabischen Golf - etwa halb so groß wie das Bundesland Hessen - besitzt weltweit die drittgrößten Vorkommen und ist der größte Lieferant von verflüssigtem Erdgas, das in Tankern transportiert werden kann. Der Stoff begründet den Wirtschaftsboom in dem Staat, der vom US-Magazin "Forbes" in diesem Jahr zum reichsten Land der Erde gekürt wurde.

###mehr-artikel### Das neue nationale Konferenzzentrum in Doha, in dem der Klimagipfel stattfinden wird, gilt dagegen als Öko-Anlage. Ein niedriger Energie- und Wasserverbrauch sowie Phovoltaik-Anlagen auf dem Dach zeichnen es aus. Ansonsten aber spürt man in Katar wie in den anderen arabischen Ölstaaten auf Schritt und Tritt, dass die fossile Energie wenig kostet. Nirgendwo sonst auf der Erde ist sie nämlich so leicht aus der Erde zu holen. Steuern auf Erdöl und Erdgas werden kaum erhoben, Öko-Energie ist damit viel weniger konkurrenzfähig als etwa in Europa.

Das Ergebnis: Katar hat weltweit den höchsten Ausstoß an klimaschädlichem Kohlendioxid pro Kopf. Im Jahr sind es 31 Tonnen, fast doppelt so viel wie bei US-Amerikanern (17 Tonnen) und mehr als drei Mal so viel wie bei Deutschen (knapp zehn Tonnen). Die Politiker des Landes halten eine solche Rechnung freilich für ungerecht. Vize-Premier Abdullah bin Hamad Al-Attiyah sagte im Sommer bei einem Besuch in Deutschland: Die großen Staaten stellten solche Berechnungen nur an, "um die kleinen Länder zu Sündenböcken zu machen". Schuldzuweisungen führten nicht weiter.

Tatsächlich zeigt sich Katar offiziell einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet. Die Solartechnik soll entwickelt werden, und man will den Schienenverkehr als Alternative zur Straße fördern. Erste Schritte in diese Richtung sind getan. Das deutsche Unternehmen Solarworld baut mit einem Partner eine Fabrik für Solar-Silizium in Katar, und der Siemens-Konzern erhielt unlängst den Auftrag, für Doha ein komplettes Straßenbahn-System aufzubauen.

High-Tech-Farmen und Solar-Stadien

Große Pläne hat Katar auch für die Landwirtschaft. Bisher werden wenig Lebensmittel im Land produziert. Doch nun sollen neue High-Tech-Farmen entstehen, um langfristig sogar die Selbstversorgung zu erreichen. Dafür sind große solartechnische Meerwasser-Entsalzungsanlagen geplant. Am spektakulärsten ist freilich die Fußball-WM, die 2022 in dem Wüstenstaat ausgetragen wird. Für die Spiele werden Solar-Stadien konzipiert, die die Luft mit Sonnenenergie von den dort üblichen 45 Grad auf 27 Grad kühlen können.

Solarworld-Chef Frank Asbeck zeigt sich ganz optimistisch, was den grünen Umbau in Katar angeht. Schließlich seien die Öl- und Gasvorkommen irgendwann zu Ende. Und Sonne habe das Emirat ja im Überfluss.