Oberrabbiner wirbt für Kompromiss bei Beschneidungen

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Oberrabbiner Yona Metzger am Dienstag auf der Bundespressekonferenz in Berlin. Sein "Machtwort" in der Beschneidungs-Debatte war eine Kompromiss-Lösung.
Oberrabbiner wirbt für Kompromiss bei Beschneidungen
In der Debatte über religiöse Beschneidungen in Deutschland sieht Israels Oberrabbiner Yona Metzger Chancen für eine Verständigung. Hier praktizierende jüdische Beschneider, sogenannte Mohel, könnten eine ärztlich anerkannte medizinische Fortbildung erhalten, schlug Metzger am Dienstag in Berlin vor.

An diesem Donnerstag befasst sich der Deutsche Ethikrat mit der Frage der Beschneidung. Das Gremium sollte dazu beitragen, dass man dieses Thema nicht nur unter medizinrechtlichen Aspekten ansieht, wie es das Kölner Landgericht getan habe, sagte Altbischof Wolfgang Huber, der dem Ethikrat angehört.

###mehr-artikel### Nach Angaben von Oberrabbiner Metzger praktizieren derzeit rund zehn jüdische Beschneider in Deutschland. Eine Beschneidung durch Ärzte oder eine weitergehende Betäubung des Säuglings lehnte er ab. Metzger besucht derzeit für zwei Tage Deutschland und hat nach eigenen Angaben mit deutschen Regierungsvertretern Kompromissmöglichkeiten im Streit über die religiöse Beschneidung erörtert.

Der Bundestag hatte Mitte Juli mit großer Mehrheit eine Resolution zur Erlaubnis religiöser Beschneidungen verabschiedet. In dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, bis Herbst einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Das Parlament reagierte damit auf das Kölner Urteil, das die religiöse Beschneidung von Knaben als Körperverletzung gewertet hatte.

Beschneidung sei "mehr als ein Symbol"

Der Oberrabbiner hob den hohen Stellenwert der Beschneidung im jüdischen Glauben hervor: Als eines der 613 Gebote im Judentum sei die Entfernung der männlichen Vorhaut bei Säuglingen "mehr als ein Symbol". "Von uns zu fordern, dieses Gebot zu ändern, heißt unsere Religion zu ändern." Das sei nicht akzeptabel, sagte Metzger, der die höchste Autorität des aschkenasischen Judentums ist, der aus Mittel- und Osteuropa stammenden Juden.

Die Beschneidung am achten Lebenstag, wie sie im Judentum vorgeschrieben ist, sei nachweislich am wenigsten schmerzhaft, erläuterte Metzger. Er widersprach Darstellungen von Medizinern, mit der Knabenbeschneidung sei die Gefahr der Traumatisierung verbunden. Wenn das Kind durch diese Tradition ein Trauma erleide, wie nun teilweise behauptet werde, "wäre das Gebot nicht 4.000 Jahre lang eingehalten worden". Jüdische Gebote würden ungültig, wenn sie Schaden verursachten. Daher sei zum Beispiel eine Beschneidung von Mädchen ausgeschlossen.

Nur natürliche Betäubung im Einklang mit Religion

Zur Betäubung sagte Metzger, die jüdische Religion fordere eine größtmögliche Natürlichkeit bei der Beschneidung. Daher werde der Säugling mit einem Tropfen süßen Weins beruhigt. Eine künstliche Betäubung stünde im Widerspruch zur Religion. Gleichwohl seien bestimmte Puder und Sprays zur lokalen Betäubung entwickelt worden, die von manchen Beschneidern in Israel eingesetzt würden.

In öffentlicher Sitzung will sich der Ethikrat mit dem Thema der Beschneidung von minderjährigen Jungen aus religiösen Gründen beschäftigen. Dabei werden die Ethikratsmitglieder Peter Dabrock, Wolfram Höfling, Ilhan Ilkilic, Leo Latasch und Reinhard Merkel den Angaben zufolge in Impulsreferaten strafrechtliche, religiös-kulturelle, medizinische und ethische Aspekte der Beschneidung erörtern.

Altbischof Huber sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), das Landgericht habe nicht beachtet, dass es bei der Beschneidung um eine jahrtausendealte religiöse Tradition gehe. Diese Tradition müsse auch von denen geachtet werden, die selbst einen solchen Ritus nicht praktizieren würden. "Und es ist eine Frage des Rechts von Eltern, die sich in der religiösen Verpflichtung sehen, diesen Ritus an ihren männlichen Kindern zu vollziehen", ergänzte der evangelische Theologe. Nun gehe es darum, körperliche Unversehrtheit, Religionsfreiheit und Elternrecht zu einem Ausgleich zu bringen, sagte Huber.