Das Ende des Ramadan: Süßer Kuchen und Küsse auf die Füße

Foto: epd-bild/Ralf Maro
Feiern heißt essen - egal in welchem Land (hier: das Ende des Ramadan in Ägypten).
Das Ende des Ramadan: Süßer Kuchen und Küsse auf die Füße
Das Ramadan-Fest ist von der Bedeutung her mit Weihnachten vergleichbar. Zur Tradition gehört, dass Kinder beschenkt werden, meist werden sei neu eingekleidet und bekommen Süßigkeiten und Geld geschenkt. Vor allem ist es das Fest der Versöhnung: Menschen, die im Klinsch waren, nutzen diese drei Tage, um Streit beizulegen. Canan Topçu hat fünf Muslime in Deutschland gefragt, wie sie hier in ihrer neuen Heimat das Ramadan-Fest feiern.

"Bei uns küsst man auch die Füße der Mutter"

Mohammed Ismail Jakobi ist 27 Jahre alt, stammt aus Afghanistan und lebt seit 2001 in Deutschland. Er ist Händler. Foto: Canan Topçu

"Das Fest wird für mich damit beginnen, dass ich meiner Frau gratuliere und unser Baby umarme. Dann werde ich zum Feiertagsgebet in die Moschee gehen. Ich werde dort viele Bekannte treffen und natürlich ihnen allen auch gratulieren. Früher haben meine Eltern in Frankfurt/Höchst einen Saal gemietet, dort trafen sich Familie und Verwandte zum Feiern. Wir sind eine große Familie! Da kamen 100 und mehr Personen zusammen. In diesem Jahr machen wir das aber wegen Todesfällen in der Familie nicht. Am ersten Feiertag besuchen meine Frau und ich meine Eltern. Die Jüngeren gehen zu den Älteren, nie umgekehrt. Ich werde meinen Eltern die Hände küssen und meiner Mutter auch die Füße. Bei uns küsst man am Feiertag auch die Füße der Mutter! Wenn ich an die Feste meiner Kindheit denke, dann fällt mir immer ein, dass meine Großmutter mir buntgemalte gekochte Eier schenkte. Damit ging ich auf die Straße und machte Wettkämpfe mit anderen Kindern. Die Eier wurden aneinandergestoßen, und es verlor derjenige, von dessen Ei die Schale zerbrach. Ob mein Kind, noch ist es erst ein paar Wochen alt, eines Tages hier auch Wettspiele mit Eiern machen wird? Ich weiß es nicht."

"Viele farbige Glühbirnen, eine tolle Atmosphäre!"

Selçuk Dogruer ist als Sohn türkischer Einwanderer in Friedrichshafen geboren. Der 29-Jährige, der unter anderem in Damaskus Islamische Theologie studierte, ist Dialogbeauftragter des Ditib-Landesverbandes Hessen. Foto: Canan Topçu

"In der Türkei habe ich Ramadan-Feste leider nie erlebt. Bis ich nach Damaskus ging, habe ich die Feiertage hier mit meinen Eltern verbracht. Wie anders dieses Fest in einem muslimischen Land begangen wird, habe ich erst in Syrien erfahren. Dort habe ich erstmals an religiösen Festen und Riten im Kollektiv teilgenommen - und dadurch auch sehr viel intensiver erlebt! Das Fest verlief sehr lebhaft auf den Straßen, überall war es kunterbunt geschmückt und abends wurden die Straßen und Häuserfassaden beleuchtet. Viele farbige Glühbirnen, eine tolle Atmosphäre! All das gibt es in Deutschland ja nicht an islamischen Feiertagen. Keine geschmückten Schaufenster, auch keine Grußbotschaften an den Scheiben der Geschäfte. Schade eigentlich!

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Es würde mich und sicherlich auch viele andere Muslime freuen, wenn Nicht-Muslime stärker als bisher unsere Feste im Blick hätten. Gebe es hier mehr an Festtagsatmosphäre, würde meines Erachtens auch bei Muslimen eine größere Festtagsstimmung aufkommen. Ich werde am Sonntag nach dem Festgottesdienst zu meinen Eltern nach Friedrichshafen fahren. Ich habe anders als viele Muslime hierzulande das Glück, in einer Institution zu arbeiten, für die es selbstverständlich ist, seinen Mitarbeitern an den Feiertagen frei zu geben. Ich kann also bei meinen Eltern ein paar Tage bleiben."

"Vorher noch zum Grab meines Schwiegervaters"

Irma Lababidi ist interkulturelle Trainerin. Die Tochter bosnischer Eltern kam in Duisburg zur Welt. Die 40-jährige hat zwei Söhne im Alter von drei und zehn Jahren und lebt mit ihrer Familie in Duisburg. Foto: privat

"Am Sonntag ist große Party bei uns. Zum Zuckerfest habe ich viele Freunde eingeladen, auch nicht-muslimische. So hat es meine Mutter hier schon in den 1970er und 1980er Jahren gemacht. Die deutschen Nachbarn kamen auch. Das Ramadan-Fest ist zwar von der Bedeutung her wie Weihnachten, aber wir feiern es nicht nur im Familienkreis. Im Gegenteil, es ist ausdrücklich erwünscht, dass Freunde, Bekannte und Nachbarn vorbeischauen. Am Sonntagmorgen werden mein Mann und ich mit unseren beiden Söhnen zu meinen Eltern fahren, ihnen die Hand küssen und zum Fest gratulieren. Als ich klein war, habe ich nach dem Handkuss dann immer Geld bekommen. Jetzt machen wir das mit unseren Söhnen, und sie werden zum Fest neu eingekleidet - wie ich als Kind auch. Ab Sonntagmittag ist bei uns offenes Haus, dann kommen meine Eltern zu uns. Wenn wir es schaffen, gehen wir vorher noch zum Grab meines Schwiegervaters und sprechen ein Gebet, die Al-Fatiha-Sure. Der Gang zur Grabstätte ist Teil der religiösen Rituale. Wenn ich während des Zuckerfest in Sarajewo war, sind wir, nachdem die Männer aus der Moschee zurückgekehrt sind, alle zusammen zum Friedhof gegangen."

"Ach, was war ich aufgeregt am Bayram-Morgen..."

Meliha Akkus ist im Alter von zehn Jahren nach Deutschland gekommen. Die 34-jährige lebt in Hanau, dort ist sie Geschäftsführerin einer Baufirma. Foto: Canan Topçu

"Hier kommt keine Feststimmung auf. Leider empfinde ich nicht diese Vorfreude, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne. Damals haben mich vor allem die schönen Kleider und die Süßigkeiten interessiert, die ich zum Fest geschenkt bekam. Ach, was war ich aufgeregt am Bayram-Morgen... erst am Morgen des Zuckerfestes durfte ich ja meine neuen Sachen anziehen! Vor zwei Jahre habe ich erstmals nach über 20 Jahren die Ramadan-Zeit in der Türkei verbracht, das war ein ganz anderes Gefühl, auch durch die Gebetsrufe. Dort beginnen die Vorbereitungen auf das Zuckerfest schon Tage zuvor. Es ist eine ganz andere Atmosphäre. Es geht quirlig und fröhlich zu auf den Straßen und in den Familien. Man nimmt die Aufregung und die Vorfreude der anderen wahr und wird davon angesteckt.

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Hier sind unsere Feiertage eigentlich wie normale Tage, das Drumherum ist ja nicht da. Klar, meine Schwestern und ich kommen alle bei meinen Eltern zusammen, wir beschenken die Kinder und wir besuchen Freunde und Bekannte. Das war's dann aber auch schon! In diesem Jahr ist meine Mutter in der Türkei. Vor ihrer Abreise hat sie aber für uns schon alles vorbereitet, ich nehme an, dass sich meine Schwestern um Baklava und anderes Süßgebäck kümmern. Ich bin noch gar nicht auf das Fest eingestellt."

"Ich hatte die Feiertage gar nicht im Kopf"

Issam Elmoatasimi studiert Spanisch und Sozialkunde auf Lehramt. Er ist Sohn marokkanischer Arbeitsmigranten und kam 1990 in Frankfurt zur Welt. Foto: privat

"Am Samstag habe ich Geburtstag, und am Sonntag fliege ich für eine Woche nach Spanien. Ich werde also vom Fest nicht allzu viel mitbekommen. Als ich im März auf der Suche nach einem günstigen Flug war und meine Reise gebucht habe, da hatte ich die Feiertage gar nicht im Kopf.Diesmal wird ohne mich gefeiert! Finde ich nicht schlimm. Normalerweise ist es so, dass wir bei meinen Eltern zusammenkommen - meine beiden Brüder, die auch in Frankfurt wohnen, und meine in der Schweiz lebende Schwester, wenn sie es beruflich einrichten kann.

Man kann ja nicht davon ausgehen, dass die Arbeitgeber einem an muslimischen Feiertagen freigeben. Ich würde nicht darauf bestehen. Man muss sich schon an die Gegebenheiten des Landes anpassen, in dem man lebt. Früher war meine Mutter schon Tage vor dem Īdu l-Fitr aufgeregt, hat geputzt, gekocht und gebacken. Das macht sie inzwischen nicht mehr so sehr. Sie bringt aus Marokko das Gebäck mit, friert es ein und holt es zum Zuckerfest raus. Als Kind war ich aufgeregt, es gab neue Klamotten und Geld, wenn man den Eltern, Onkeln und Tanten zum Fest gratuliert hat. Heute steckt einem niemand mehr was zu, dabei könnte ich es viel besser gebrauchen."