Steinbrück auf EKD-Tagung: "Die Krise bedroht den Frieden"

In Europa hängen alle zusammen
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Europa funktioniert nur gemeinsam: Jedes Land muss seine Verantwortung annehmen.
Steinbrück auf EKD-Tagung: "Die Krise bedroht den Frieden"
Zwei Tage lang beraten Gäste aus Kirche und Politik in Berlin, wie das Zusammenleben in Europa zukünftig aussehen soll. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach zur Eröffnung und sagte, die wirtschaftliche Not gefährde die Demokratie.

Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat zu mehr Engagement für ein soziales Europa aufgerufen. Die Finanzkrise gefährde den äußeren und inneren Frieden in Europa, sagte Steinbrück am Freitag bei einer Tagung des Evangelischen Verbandes "Kirche - Wirtschaft - Arbeitswelt" und der EKD in Berlin: "Die Krise kann sehr viel mehr kosten als Geld."

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Als mögliche Gefahren nannte Steinbrück unter anderem die Sparpolitik für südliche EU-Länder. Vor allem gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit müsse mehr getan werden, sagte er. Auch die zunehmende Beliebtheit extremer, teilweise rechtsradikaler Parteien machten ihm Sorge. "Not frisst Demokratie", sagte Steinbrück. Den Deutschen empfehle er, sich einmal in die Lage der Krisenstaaten Griechenland oder Portugal zu versetzen. Sie sollten sich fragen, wie es wäre, würden ihnen solche Spardiktate auferlegt.

Steinbrücks Vortrag war am Freitag der Auftakt einer zweitägigen Tagung des Verbandes und der EKD über die Zukunft des sozialen Zusammenhalts in Europa. Wie am Anfang der Woche die Kirchenvertreter auf der EKD-Synode machten sich auch dort Vertreter für mehr Solidarität zwischen den Ländern der Europäischen Union stark.

Coenen-Marx: Jede Nation muss ihrer Verantwortung gerecht werden

"Wenn die europäische Gemeinschaft schon daran scheitern würde, dass einzelne Länder die Solidarität mit kriselnden Staaten aufkündigen, dann war das europäische Haus von Anfang an auf Sand gebaut", sagte EKD-Oberkirchenrätin Cornelia Coenen-Marx. Gleichzeitig müsse aber auch jede Nation ihrer Verantwortung, für Wohlstand und Wohlfahrt zu sorgen, gerecht werden, ergänzte die Referentin für Sozial- und Gesellschaftspolitik der EKD.

Der Vorsitzende des Verbandes "Kirche - Wirtschaft - Arbeitswelt", Peter Jankowski, sagte, die wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den Staaten und die sich vertiefende Kluft zwischen Arm und reich innerhalb der Staaten würden Zündstoff bergen. "Nur ein soziales Europa hat Zukunft", betonte Coenen-Marx und Jankowski. Beide sprachen sich für die rasche Einführung einer Finanztransaktionssteuer aus. Darauf hatten sich bereits zehn Staaten Europas, darunter Deutschland, verständigt.

Europa sorgt nicht mehr für "glänzende Augen"

Steinbrück äußerte auch seine Sorge darüber, dass die  Politik nicht den Vorrang vor der Macht der Finanzmärkte erlangen könnte. "Die Frage, wer den Taktstock in der Hand hat - anonyme, entgrenzte Finanzmärkte oder demokratisch legitimierte Institutionen - ist noch nicht entschieden", sagte Steinbrück, der jahrelang Mitglied der Kammer für Soziale Ordnung der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) war.

Steinbrück bemängelte zudem, dass sich viele junge Menschen nicht für Europa begeistern könnten. Während er mit einer Vision von einem friedlichen Europa aufgewachsen sei, kriegten "junge Menschen keine glänzenden Augen mehr, wenn ich ihnen sage, sie leben in einem privilegierten Zustand". "Dabei rede ich von Frieden", sagte er. Um sie zu begeistern, versuche er ihnen klar zu machen, dass Europa keine Antwort des 20. Jahrhunderts auf die Kriege der Jahrhunderte zuvor, sondern "auch eine Antwort auf das 21. Jahrhundert" sei.