Evangelische Hochschule bedauert "Irritationen" um Fachbuch

Evangelische Hochschule bedauert "Irritationen" um Fachbuch
Die Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie des "Rauhen Hauses" in Hamburg bedauert die "Irritationen", die um einen Beitrag zur DDR-Heimerziehung entstanden sind.

Die kommentarlose Veröffentlichung eines Textes des einstigen DDR-Jugendhilfefunktionärs Eberhard Mannschatz (84) in einem Fachbuch der Hochschule sei ein Fehler gewesen, erklärte Rektor Andreas Theurich am Mittwoch in Hamburg. "Wir verstehen die Kritik jener, die hierin die Gefahr einer Verharmlosung dieser Jugendhilfepraxis sehen, für die Eberhard Mannschatz Verantwortung trägt", fügte er hinzu.

Der strittige Text war 1995 in dem zweibändigen Fachbuch "Grundkurs Soziale Arbeit. Sieben Blicke auf Geschichte und Gegenwart Sozialer Arbeit" von Timm Kunstreich erschienen. Die vierte Auflage erschien 2009. Im zweiten Band ist als sogenannter "Rückblick auf die Soziale Arbeit in der DDR" ein Artikel von Mannschatz enthalten, der als Theoretiker und Funktionär der DDR-Jugendhilfe heute unter anderem von Opferverbänden für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird, die auch mit dem Namen "Jugendwerkhof Torgau" verbunden sind.

"DDR-System verharmlost"

Initiativgruppen und Opferverbände warfen der Evangelischen Hochschule vor, mit der Veröffentlichung zugleich die Praxis des DDR-Systems verharmlost zu haben. In einem offenen Brief an Bischof Gerhard Ulrich hatte zuletzt Unionsfraktionschef Volker Kauder der Hochschule einen "rechtfertigenden und verharmlosenden Rückblick auf die DDR-Heimerziehung" vorgeworfen. Es sei ein "unglaublicher Vorgang", dass ein Beitrag von Margot Honeckers Oberpädagoge in Lehrmaterialien der Hochschule auftauche, schrieb Kauder. In seinem Antwortschreiben räumte Ulrich Fehler ein und sagte Gespräche mit der Stiftungsleitung der Hochschule zu.

Rektor Theurich erklärte jetzt, seine Hochschule teile "die von verschiedenen Opfergruppen formulierte Beurteilung von Menschenrechtsverletzungen und Repressalien durch das DDR-System und das Interesse der Opfer an deren Aufarbeitung". Das fragliche Fachbuch habe mehrere inhaltliche Positionen aus Geschichte und Gegenwart der Sozialen Arbeit dokumentiert, ohne sich mit allen von ihnen zu identifizieren. Die "Zusammenschau der Positionen" habe vielmehr "eine diskursive Auseinandersetzung" ermöglichen sollen. Keinesfalls stimme die Hochschule mit allen dargestellten inhaltlichen Positionen überein.

"Repressive Pädagogik hat an der Evangelischen Hochschule keinen Platz", sagte Theurich weiter. Bei einer Neuauflage des Buches werde man darauf achten, dass der Text eine kritische Kommentierung erhält. Theurich kündigte an, in Begleitung von mehreren Professoren und Studenten Ende Juni nach Torgau zu reisen, um die dortige Ausstellung zu besuchen und sich in der Gedenkstätte mit Betroffenen, Mitarbeitern und Initiativgruppen auszutauschen.