In Katalonien braucht es zu Weihnachten keinen Schornstein, damit Geschenke auftauchen. Es reicht ein gut gelaunter Holzklotz. Der "Tió de Nadal" ist einer der skurrilsten und zugleich beliebtesten Bräuche Spaniens: ein kurzer, dicker Baumstamm mit Gesicht, roter Mütze und einer kleinen Decke, damit er nicht friert. Ab Anfang Dezember wird er wie ein Haustier behandelt. Die Kinder füttern ihn mit Obst, Nüssen oder Keksen, je großzügiger, desto besser. Denn der Tió hat einen klaren Auftrag: Er soll an Weihnachten Geschenke… nun ja… charmant ausgedrückt: ausscheiden.
Am 24. oder 25. Dezember wird es ernst. Die Kinder stellen sich rund um den Holzklotz auf, bewaffnet mit kleinen Stöcken. Dann singen sie fröhliche und erstaunlich deutliche Lieder wie "Caga, Tió!", also: "Kacke, Tió!" Während sie rhythmisch auf ihn klopfen, "erledigt" der Stamm seine Arbeit. Unter seiner Decke erscheinen kleine Geschenke, Süßigkeiten oder Mandarinen. Natürlich steckt dahinter ein Erwachsener.
Der Brauch ist uralt und geht auf heidnische Rituale rund um die Wintersonnenwende zurück. Der ursprüngliche Stamm wurde früher sogar verbrannt, um Licht und Wärme ins Haus zu bringen. Heute sorgt der Tió eher für Gelächter und dafür, dass die Adventszeit ein bisschen weniger feierlich und ein bisschen fröhlicher wird.



