Castellucci: Absage der wartenden Afghanen ist "unwürdig"

Castellucci: Absage der wartenden Afghanen ist "unwürdig"
Deutschland will einem Teil der Afghaninnen und Afghanen die Einreise verwehren. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Castellucci, kritisiert die Entscheidung als unwürdig. Auch von den Grünen kommt Kritik.

Berlin (epd). Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Lars Castellucci (SPD), hat die Entscheidung der Bundesregierung, einem Teil der wartenden Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusage die Einreise zu verwehren, kritisiert. Es sei „unwürdig“, dass auf dem Rücken einer kleinen Gruppe von Menschen „eine ideologisch getriebene Migrationsdebatte ausgetragen“ werde, erklärte er am Donnerstag in Berlin. Diese Menschen, vor allem Frauen und Kinder, könnten nicht zurück nach Afghanistan. Verfolgung und Unterdrückung wären vorgezeichnet.

Das Bundesverfassungsgericht habe der Regierung aufgetragen, für die Sicherheit der betroffenen Personen zu sorgen, solange die Entscheidungen nicht rechtskräftig seien, betonte der SPD-Politiker. Falls die Bundesregierung bei ihrer ablehnenden Haltung bleibe, müsse sie nach alternativen Lösungen suchen, um die Menschen in Sicherheit zu bringen. „Das ist das Mindeste, das wir für diese Menschen tun können. Anständig wäre es, sie in Deutschland aufzunehmen“, forderte Castellucci.

Grünen-Politikerin Gambir nennt die Absage „ein Armutszeugnis“

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Beschwerde eines afghanischen Richters, der ein früheres Aufnahmeversprechen Deutschlands einklagen wollte, hatte das Bundesinnenministerium am Mittwoch eine grundsätzliche Entscheidung getroffen: Für Afghaninnen und Afghanen, die im Überbrückungsprogramm sind oder auf der Menschenrechtsliste stehen, besteht kein politisches Interesse mehr zur Aufnahme.

Die Grünen-Innenpolitikerin Schahina Gambir nannte die Absage ein „Armutszeugnis“. Dass die Verkündung ausgerechnet am internationalen Tag der Menschenrechte erfolgt sei, sei „zynisch“. Deutschland habe den Menschen vor langer Zeit versprochen, sie aufzunehmen und vor der Gewalt der Taliban zu schützen.

Rund 1.800 wartende Afghanen in Pakistan

Aktuell warten noch bis zu 1.800 Menschen aus Afghanistan in Pakistan auf die Einhaltung des deutschen Aufnahmeversprechens. Rund 640 von ihnen hatten laut Bundesinnenministerium Zusagen im Rahmen des Überbrückungsprogramms und der Menschenrechtsliste. Es geht dabei um frühere lokale Mitarbeiter von Bundeswehr und deutschen Institutionen und Menschen, denen durch ihr Engagement für den Aufbau eines demokratischen Staates in Afghanistan heute in ihrer Heimat Verfolgung droht.