Warum wurde das Kind in einem Stall geboren? Was haben die Weisen aus dem Morgenland dem Neugeborenen mitgebracht? Wer Antworten darauf sucht, findet sie in der Bibel. Christoph Rösel, Generalsekretär der Deutschen Bibelgesellschaft, sprach mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) über "Gelegenheitsleser", biblische Lebenshilfe und den einprägsamen Rhythmus von Luthers Bibelübersetzung.
epd: Herr Rösel, im Advent greifen auch Menschen zur Bibel, die den Rest des Jahres wenig mit Kirche am Hut haben. Woher kommt diese Offenheit?
Christoph Rösel: In der Advents- und Weihnachtszeit begegnen auch säkulare Menschen an ganz unterschiedlichen Stellen biblischen Motiven und Geschichten. Auf vielen Weihnachtsmärkten etwa gibt es Krippendarstellungen. Und wenn man dann einmal nachschlagen möchte, was es mit diesen Figuren auf sich hat, dann greift man zur Bibel.
Viele scheuen dicke Bibeln: Welche App oder Ausgabe empfehlen Sie "Gelegenheitslesern", die nur zehn Minuten täglich investieren wollen?
Rösel: Wer zehn Minuten täglich liest, ist schon längst kein Gelegenheitsleser mehr. Alle, die täglich in der Bibel lesen, gehören zur Spitzengruppe. Aber ganz egal, wie viel man lesen möchte: Die kostenlose Bibel-App der Deutschen Bibelgesellschaft beinhaltet die wichtigsten deutschen Übersetzungen. Dazu kommen zahlreiche Lesepläne, die Lektüreempfehlungen für jeden Bedarf bieten.
"Alle, die täglich in der Bibel lesen, gehören zur Spitzengruppe."
Als gedruckte Ausgabe empfehle ich die BasisBibel Auslese. Das sind 40 ausgewählte Bibeltexte, also ein "Best of", jeweils mit kurzen Einführungen. Eine gute Möglichkeit sind auch die "Losungen für junge Leute". Das ist ein sehr schön gestaltetes Buch, für jeden Tag, mit je einem Bibelvers aus Altem und Neuen Testament, dazu Impulse und Gebete.
Der Klassiker unter den Bibelübersetzungen ist und bleibt Luther. Warum lassen sich Texte aus der Luther-Übersetzung so viel leichter einprägen als andere?
Rösel: Bereits vor der Zeit auf der Wartburg hatte Martin Luther die Texte der Evangelien für seine Predigten in Wittenberg übersetzt. Bei diesen ersten Übersetzungen hatte er also vor allem ein hörendes Publikum vor Augen. Und auch sonst achtete er beim Übersetzen sehr auf einen einprägsamen Rhythmus. Die Weihnachtsgeschichte in Lukas 2 oder auch die Psalmen zeigen das in ganz besonderer Weise. So konnten sich diese Texte über Generationen einprägen. Und damit prägten sie auch die deutsche Sprache und unser kulturelles Gedächtnis. Deshalb sind sie vielen in ganz anderer Weise vertraut als neuere Übersetzungen.
"Egal, was Menschen suchen, sie finden es in der Bibel", sagten Sie kürzlich. Auf welche Alltagsfragen hat die Bibel bessere Antworten als Ratgeber-Apps oder Psychotherapeuten?
Rösel: Das lässt sich so pauschal schwer sagen. Die unübertroffene Stärke der Bibel liegt darin, dass sie die großen Fragen des Lebens beantwortet. Sie bringt uns in Verbindung mit dem Gott, der selbst das Leben ist. Und dann enthält die Bibel auch viel Lebensweisheit für den Alltag. Man soll weder sein Licht unter den Scheffel stellen, noch Perlen vor die Säue werfen. Aber diese Antworten muss man dann im Falle eines Falles ja erst einmal finden.
Mit dem Advent beginnt das neue Kirchenjahr. Manch einer nutzt es, um die Bibel einmal komplett durchzulesen. Mit welchen Texten sollten Menschen beginnen, die die Bibel noch nicht in- und auswendig kennen?
Rösel: Wer noch nicht sicher ist, wie viel sie oder er lesen will, kann mit dem Lukasevangelium anfangen. Dort hat man das ganze Leben von Jesus in einem Buch, von der Geburt bis zur Himmelfahrt. Ein nächster Schritt könnte der Leseplan der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen sein. In 365 Tagen liest man damit das ganze Neue Testament, alle Psalmen und weitere Texte aus dem Alten Testament. Und wer die ganze Bibel lesen will, aber mit etwas mehr Abwechslung, greift zur Jahresbibel. Dort sind die Abschnitte so aufgeteilt, dass man an jedem Tag jeweils etwas aus dem Alten und dem Neuen Testament sowie den Psalmen hat. Eine solche Jahresbibel gibt es bei uns als gedrucktes Buch, aber auch als Leseplan in der App.



