Brüssel, Straßburg (epd). Das EU-Parlament hat dafür gestimmt, die Umsetzung des Gesetzes für entwaldungsfreie Lieferketten zum zweiten Mal zu verschieben und in Teilen abzuschwächen. Wie das Parlament am Mittwoch in Straßburg mitteilte, stimmten 402 Abgeordnete dafür, 250 dagegen. Kritiker bemängelten, dass die Mehrheit auch durch Stimmen rechtsextremer Abgeordneter zustande kam.
Die sogenannte Entwaldungsverordnung soll verhindern, dass für Produkte wie Kaffee, Kakao und Soja Wälder abgeholzt werden. Entwaldung trägt erheblich zur globalen Klimakrise, zum Verlust der biologischen Vielfalt und zu Gefährdungen der Lebensräume indigener Gemeinschaften bei. Nach der Abstimmung vom Mittwoch soll die Verordnung erst Ende 2026 in Kraft treten. Eine Überprüfung ist vorab für April kommenden Jahres geplant. Außerdem sollen die Anforderungen für die Rückverfolgbarkeit von Produkten gelockert werden.
Verschiebung wegen Überlastung des IT-Systems
Die Verordnung war im Mai 2023 verabschiedet worden und hätte ursprünglich bereits gelten sollen. Im vergangenen Jahr wurde die Umsetzung dann um ein Jahr verschoben, auf den 30. Dezember 2025 für große und den 30. Juni 2026 für kleine Unternehmen. Im Oktober hatte die Europäische Kommission eine weitere Verschiebung vorgeschlagen. Als Begründung nannte sie die Überlastung des IT-Systems, über das Unternehmen ihre Sorgfaltserklärungen abgeben müssen.
Befürworter der Verschiebung betonen die Notwendigkeit einer gründlichen Vorbereitung. „Die Verschiebung gibt Unternehmen und ihren Zulieferern die notwendige Zeit, um sich seriös auf die neuen Anforderungen vorzubereiten und sie verlässlich umzusetzen“, erklärte der Zentralverband des Deutschen Handwerks. Auch die CDU-Abgeordnete Christine Schneider lobte die Entscheidung: „Wir wollen mit der Entwaldungsverordnung die von Abholzung bedrohten Wälder schützen, aber gleichzeitig dort, wo keine Gefahr für Entwaldung besteht, keine unnötigen Auflagen schaffen.“ So sollen etwa Druckerzeugnisse wie Zeitungen, Zeitschriften und Bücher von den Regeln ausgenommen werden, was der Medienverband der freien Presse (MVFP) und der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) begrüßten.
Kritik von Sozialdemokraten, Grünen und Linken
Scharfe Kritik kam hingegen von Sozialdemokraten, Grünen und Linken. Die EU-Parlamentarierin Delara Burkhardt (SPD) warnte: „Die Konservativen behaupten, Bürokratie abbauen zu wollen. Tatsächlich bewirken ihre Vorschläge das Gegenteil: Eine Überprüfung der Verordnung, noch bevor sie für ein einziges Unternehmen gilt, führt zu einer Hängepartie und zu maximaler Planungsunsicherheit.“ Unternehmen seien längst bereit, mehr für den Waldschutz zu tun. Wer in faire und nachhaltige Lieferketten investiere, werde im Wettbewerb benachteiligt.
Anna Cavazzini (Grüne) sprach von drastischen Folgen: „Die Verschiebung bedeutet die Vernichtung von bis zu 150.000 Hektar Wald.“ Besonders kritisierte sie, wie die Mehrheit im Parlament zustande gekommen sei: „Die Konservativen verbünden sich wieder mit der extremen Rechten. Das ist kein Ausrutscher, das ist eine Strategie.“
Nach der Abstimmung im Parlament stehen nun die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Kommission und Rat der Mitgliedstaaten an. Sollte keine rechtzeitige Einigung erzielt werden, könnte die ursprüngliche Verordnung Ende dieses Jahres doch noch in Kraft treten.




