Experte mahnt neue Diskussion über Mittel für humanitäre Hilfe an

Experte mahnt neue Diskussion über Mittel für humanitäre Hilfe an
Der Bundestag stimmt über den Haushalt 2026 ab. Ein Entwicklungspolitik-Experte kritisiert die Mittel für die humanitäre Hilfe als "bei Weitem nicht ausreichend". In der Debatte müsse auch die Wirtschaftskraft Deutschlands berücksichtigt werden.
26.11.2025
epd
epd-Gespräch: Moritz Elliesen

Berlin (epd). In der Debatte über das humanitäre Engagement Deutschlands vermisst der Entwicklungspolitik-Experte Ralf Südhoff eine Orientierung an Zahlen und Fakten. Um den angemessenen Beitrag zu bestimmen, sollten sowohl der weltweite humanitäre Bedarf als auch die Wirtschaftskraft Deutschlands im Vergleich zu anderen Geberstaaten herangezogen werden, sagte der Direktor der Denkfabrik „Centre for Humanitarian Action“ (CHA) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das für 2026 vorgesehene Budget über etwa eine Milliarde Euro sei vor diesem Hintergrund „bei Weitem nicht ausreichend und entspricht weder Deutschlands Werten noch seinen Interessen“.

Im Vergleich zu 2024 habe die Bundesregierung das humanitäre Budget mehr als halbiert, kritisierte Südhoff. Dabei sei im Koalitionsvertrag festgehalten worden, die humanitäre Hilfe im Ausland zu stärken und auskömmlich zu finanzieren. Angemessen sei eine Summe von drei Milliarden Euro.

Abschließende Beratung im Bundestag

Der Bundestag beschäftigt sich in dieser Woche abschließend mit dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2026. Im Entwurf sind für die humanitäre Hilfe, die im Auswärtigen Amt angesiedelt ist, rund 1,05 Milliarden Euro vorgesehen, so viel wie im laufenden Jahr.

Deutschland habe einen Anteil von 7,5 Prozent an der Gesamtwirtschaftskraft der OECD-Geberländer, sagte Südhoff. Werde dies auf den weltweiten humanitären Bedarf von rund 45 Milliarden US-Dollar für 2025 übertragen, ergebe sich daraus eine angemessene Summe von etwa drei Milliarden Euro für die humanitäre Hilfe Deutschlands. Dies sei trotz des deutlichen Abfalls der Mittel seit 2024 „ein realistisches Budget“, betonte Südhoff. Vor wenigen Jahren sei sogar mehr geleistet worden.

Deutschland nicht Top-Geber

Vergleicht man den Beitrag zur humanitären Hilfe unter Berücksichtigung der Wirtschaftskraft, zähle Deutschland derzeit nicht zu den Top-Gebern, sagte Südhoff. Laut einer Analyse seiner Denkfabrik liege die Bundesrepublik im laufenden Jahr auf Platz 15. Hingegen lägen arabische Länder wie Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien auf den oberen Plätzen. „Deutschland betont mehr denn je seine Interessen, während diese oft gescholtenen Länder sehr strategisch es schaffen, über Hilfsprogramme auch Allianzen zu schmieden“, sagte Südhoff.

Die USA, die unter Präsident Donald Trump ihre Auslandshilfe massiv zurückgefahren haben, würden im laufenden Jahre voraussichtlich drei Milliarden Dollar für humanitäre Hilfe aufwenden, sagte der CHA-Direktor. In absoluten Zahlen seien sie damit trotz der radikalen Kürzungen nach wie vor der führende Geber. Gemessen an der Wirtschaftskraft hingegen belegten die Vereinigten Staaten nur noch Platz 22.

Im Bundeshaushalt 2024 standen für die humanitäre Hilfe im Ausland, etwa in Kriegen oder nach Katastrophen, noch rund 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung.