Leipzig (epd). Der freie Leipziger Trauerredner Tobias Höhn plädiert dafür, Trauerfeiern individueller zu gestalten und auf Bedürfnisse von Angehörigen einzugehen. Er halte nach Möglichkeit eine sehr persönliche Laudatio auf den Verstorbenen oder die Verstorbene, sagte Höhn dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Leipzig. Der Tod spiele in seinen Reden kaum eine Rolle.
Menschen mit Ecken und Kanten
„Ich hebe gemeinsam mit den Angehörigen die Schätze des Lebens, frage, was das für ein Typ war, welche Ecken und Kanten er oder sie hatte“, sagte Höhn. Seine Veranstaltungen heißen nicht Trauerfeier. Er nennt sie Abschiedsfeier oder sogar Lebensfeier: „Wir feiern ja nicht die Trauer“, sagte Höhn. Die Trauerfeier sei nicht für die Toten, sondern „ein Instrument für diejenigen, die zurückbleiben und mit dem Verlust lernen müssen zu leben“.
Auf Wunsch spricht der 47-jährige Redner bei Abschiedsfeiern auch an Lieblingsorten der Verstorbenen. Dies könne ein Reiterhof, ein Schrebergarten oder eine Lieblingskneipe sein. „Man kann alles machen, was einem guttut“, sagte Höhn. Bei einem Mopedfan werde auch mal das Lieblingsgefährt auf dem Friedhof aufgestellt.
#Zeremonie als Anker
Der Redner plädiert dafür, im Trauerfall alle Gefühle zuzulassen. Aufgesetzte Förmlichkeiten seien dagegen nicht zielführend. Wichtig sei, die Angehörigen zu trösten, zu ermutigen und ihnen Kraft zu geben.
Eine Zeremonie sei wie ein Anker, an dem sich die Familien festhalten können. Daher begrüßt Höhn auch „sinnstiftende Rituale“, zum Beispiel das Anzünden von Kerzen oder Briefe, die der Grabstelle beigegeben werden. Auch das Abspielen einer Lieblingsmusik oder das Ausschenken eines Lieblingsgetränks seien durchaus sinnvoll.
Gleiche Botschaften wie die Kirche
Mit Blick auf christliche Bestattungen, die jahrhundertelang Priorität hatten, aber längst keine Selbstverständlichkeit mehr sind, sagte Höhn: „Unsere Botschaften sind gleich: Nächstenliebe, Zusammenhalt, Vergebung stehen im Fokus.“ Er schmücke seine Reden nur nicht mit biblischen Stellen aus.
Höhn, der seit 2018 rund 500 Familien nach dem Tod eines Menschen begleitet hat, gestaltete Feiern auf dem Friedhof auch manchmal gemeinsam mit einem Pfarrer oder einer Pfarrerin. Die Geistlichen übernehmen Liturgie und Aussegnung. Höhn hält die Lebensrede. „Das funktioniert recht gut“, sagte er.




