Sachverständige üben Kritik an Plänen zum neuen Wehrdienst

Sachverständige üben Kritik an Plänen zum neuen Wehrdienst
Im Verteidigungsausschuss des Bundestags werden die Pläne zum neuen Wehrdienst diskutiert. Während Militärvertreter den Gesetzentwurf als zu zaghaft kritisieren, warnen Jugendorganisationen vor einem falschen Umgang mit jungen Menschen.

Berlin (epd). Im Verteidigungsausschuss des Bundestags haben Expertinnen und Experten kontrovers über das neue Wehrdienstgesetz diskutiert. Der Gesetzentwurf sei „ein weiteres Dokument des Zögerns und Zauderns“, sagte der Militärhistoriker Sönke Neitzel bei der Experten-Anhörung des Ausschusses am Montag.

Der Entwurf setzt Neitzel zufolge zu sehr auf Freiwilligkeit: „Für einen raschen personellen Aufwuchs der Bundeswehr wäre die Einführung einer Auswahlwehrpflicht zwingend notwendig.“ Auch Oberst André Wüstner, Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbands, kritisierte, dass die Bundesregierung beim Personalaufbau „auf das Prinzip Hoffnung mit Blick auf die freiwilligen Meldungen“ setze. Wie Neitzel forderte auch Wüstner, bereits jetzt einen „Umschaltmechanismus“ im Gesetz zu verankern, falls sich nicht genug Freiwillige meldeten. Bei einer Auswahlwehrpflicht soll der gesamte Jahrgang erfasst und gemustert werden und von den Tauglichen und Willigen eine bestimmte Anzahl eingezogen werden.

Jugendvertreter: Junge Menschen verunsichert

Über das Wehrdienstmodernisierungsgesetz von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird seit Monaten intensiv debattiert. Es sieht vor, durch zunächst einen verpflichtenden Fragebogen und freiwillige Musterung mehr Bundeswehr-Personal zu gewinnen. Ab 2025 müssen demnach alle Männer, die 18 Jahre alt werden, den Fragebogen ausfüllen. Die Union fordert Vorkehrungen für eine Dienstpflicht, falls sich zu wenige Freiwillige melden. Ihr Vorschlag: junge Männer per Los zur Musterung einladen und notfalls verpflichten. Der Regierungsentwurf hingegen sieht ab 2027 eine verpflichtende Musterung für alle jungen Männer vor, um ein vollständiges Lagebild zu erhalten.

Der ehemalige Generalleutnant Joachim Wundrak plädierte hingegen für die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Er schlug vor, alle Männer ab dem Jahrgang 2008 für einen dreimonatigen Grundwehrdienst einzuziehen. Für alle, die den Kriegsdienst verweigern, könne man einen Ersatzdienst von mindestens neun Monaten vorsehen.

Jugendvertreter mahnten an, bei der Reform die Interessen junger Menschen einzubeziehen. Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Quentin Gärtner, warf der Bundesregierung vor, junge Menschen im Gesetzgebungsverfahren außen vor gelassen zu haben. Auch die Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendrings, Daniela Broda, kritisierte, dass der Gesetzentwurf viele junge Menschen verunsichere. „Sie fühlen sich nicht einbezogen, unzureichend informiert und in ihren Zukunftsentscheidungen alleine gelassen“, sagte sie.