Fehrs: Abschreckungsgedanke hat sich noch nicht erledigt

Fehrs: Abschreckungsgedanke hat sich noch nicht erledigt
Die Jahrestagung der Protestanten beschäftigt sich mit den Themen Frieden, Macht und Demokratiestärkung. Während am Sonntag die Bedrohung der Demokratie von rechts im Mittelpunkt stand, diskutierte die Kirche am Samstag über eigene Machtstrukturen.
09.11.2025
epd
Von Franziska Hein und Corinna Buschow (epd)

Dresden (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat ein entschiedeneres Eintreten für die Demokratie und entschlosseneres Handeln gegen die AfD gefordert. Man müsse „toxischen Verstörungen die Stirn bieten“, sagte sie am Sonntag zur Eröffnung der EKD-Jahrestagung in Dresden. Benötigt werde ein eindeutiges „Ja zu Recht und Demokratie“. In ihrem Bericht an das Kirchenparlament kritisierte sie konkret die AfD und ging auf die Diskussion um Aufrüstung ein. Die Friedensethik ist einer der Schwerpunkte der bis Mittwoch andauernden Beratungen der EKD-Synode.

Zur AfD sagte Fehrs, man sehe sich einer Partei gegenüber, „die die Würde bestimmter menschlicher Gruppen längst schon für antastbar erklärt und sich damit außerhalb der Grundlagen unseres Grundgesetzes stellt“. Sie ließ damit Sympathien für Forderungen nach einem Verbot der Partei erkennen. Der Nachweis verfassungsfeindlicher Bestrebungen einer Partei wäre ein Verbotsgrund.

Bischöfin verteidigt Aufrüstungsbemühungen

In ihrem Bericht blickte die Hamburger Bischöfin zudem auf die neue Friedensdenkschrift des Rates der EKD, die am Montag vorgestellt werden soll. Fehrs verteidigte die Aufrüstungsbemühungen Deutschlands vor dem Hintergrund der „empfindlich veränderten Welt- und Bedrohungslage“. „So bitter das ist: Der Abschreckungsgedanke kann eben gerade nicht als erledigt angesehen werden, so gern wir alle das wollten“, sagte sie.

Am Samstag hatte bereits der Thementag zu „Kirche und Macht“ stattgefunden, den die EKD erstmals zusammen mit ihren konfessionellen Bünden, der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und der Union Evangelischer Kirchen (UEK), veranstaltete. Fachleute verwiesen in Vorträgen darauf, in welchen Bereichen sich die Kirche selbstkritisch mit Machtfragen auseinandersetzen müsse. Auslöser für die Befassung mit dem Thema war die Veröffentlichung der evangelischen Missbrauchsstudie im Januar 2024, die intransparente Machtstrukturen und Verantwortungsdiffusion offenlegte.

Organisationspsychologe rät zu Blick auf Graubereiche der Macht

Der Bielefelder Organisationspsychologe Stefan Kühl riet der Kirche dazu, genauer auf die Graubereiche der Machtverhältnisse zu schauen. Während viele Fälle von sexualisierter Gewalt oft keinen Interpretationsspielraum ließen, sei das in manchen Beziehungen zwischen Kirchenpersonal und Gemeindemitgliedern weniger eindeutig, wann Macht missbraucht werde.

Alena Höfer, Referentin für Frauenpolitik und intersektionalen Feminismus bei der westfälischen Landeskirche, sagte, der erste Schritt für eine machtsensible Kirche sei die Reflexion darüber, „wer noch nicht am Tisch der Entscheidung sitzt“. Für mehr Diversität und Repräsentanz sei entscheidend, wer etwa Delegierte für Kirchengremien wähle.

Für Diskussionen auf der Generalsynode der VELKD sorgte auch der Gesetzentwurf der EKD für eine Verkleinerung ihrer Synode. Die EKD-Synode wollte am Sonntagabend darüber beraten, ob die Zahl der Sitze im Kirchenparlament künftig stärker an die Zahl der Kirchenmitglieder gekoppelt wird. Für die VELKD, die personell und örtlich verzahnt mit der EKD-Synode tagt, sind die Auswirkungen im Falle einer Gesetzesänderung noch unklar.